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Open Access Brandenburg

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OA BrandenburgOA PublikationsfondsVeranstaltungenOpen Access Best PracticePublikationsfonds Für Open-Access-Monografien Des Landes BrandenburgAltre scienze socialiTedesco
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Autore Ben Kaden

Präsentationsgrafik mit den Covern ausgewählter geförderter Open Access-Bücher. Die Bücher sind als Kreis angeordnet. In der oberen linke Ecke ist das Signet der Vernetzungs- und Kompetenzstelle, in der unteren rechten das des MWFK

Open-Access-Förderung als Publikationsimpuls

Open Access und Bücher – das geht gut zusammen. Wie gut, zeigte die Veranstaltung zum einjährigen Bestehen des Brandenburger Publikationsfonds für Open-Access-Monografien am 18. Mai 2022. Denn glücklicherweise ist die Förderstruktur an einem Punkt in ihrer Entwicklung, an dem weniger über sie selbst gesprochen werden muss, sondern an dem ihre Resultate für sich sprechen. Ein Stapel Bücher liegt vor, tatsächlich – denn die meisten der geförderten Titel erscheinen parallel auch in einer Druckausgabe.

Mehr als beim klassischen Open-Access-Beispiel der Hochenergiephysik mit ihrer Preprint-Kultur haben viele der geförderten Publikationen einen Appeal, der über eine kleine und sehr spezialisierte Fachcommunity hinausgeht. So sind die im Titel “Bildung gestalten im Homeschooling” von Christin Tellisch, Daniela Schlütz, Michaela Stastkova und Alexander C. Lang zusammengefassten Erkenntnisse unter Pandemie-Bedingungen potentiell für mehrere 10.000 Schulen relevant und außerhalb von Pandemien für alle, die sich für hybride Schul- und Bildungsformen interessieren.

Neben diesem Werk wurden zwei weitere geförderte Bücher in der Veranstaltung besonders herausgehoben. Da wäre zunächst der 10. Band der Reihe “Interdisciplinary Polish Studies”, eine tiefgehende und lesenswerte Aufarbeitung des industriellen Wohnungsbaus in der DDR und der Volksrepublik Polen in den 1970er Jahren  von Magdalena Kamińska. “Platte ist nicht gleich Platte” lautet der Titel, der sowohl Historiker*innen als auch Freund*innen und Laienforschende der Plattenbaukultur und Ostmoderne gleichermaßen ansprechen dürfte.

Open-Access-Förderung als Transformationsimpuls

Das Schöne beim Open Access ist ja, wie auch bei der Veranstaltung von vielen Seiten betont, dass die Sichtbarkeit der Bücher nicht an disziplinären Grenzen Halt macht. Gero Lietz, leitender Redakteur der Reihe, verwies zudem darauf, dass dieses Buch den Auftakt für eine, wie er hofft, vollständige Öffnung der “Interdisciplinary Polish Studies”-Reihe darstellt. Der Publikationsfonds, so sein Wunsch, sollte dies weiterhin unterstützen. Sofern die Förderbedingungen erfüllt sind und die Mittel zur Verfügung stehen, dürfte dieser Wunsch problemlos in Erfüllung gehen. Den ebenfalls anwesenden Verleger, Stephan Specht vom Harrassowitz Verlag, wird dies ebenfalls freuen, strebt er doch an, die Reihe zur ersten seines Verlages zu entwickeln, die konsequent Open Access erscheint.

Förderinstrumente wie der Publikationsfonds transformieren also nicht nur abstrakt das wissenschaftliche Publizieren, sondern können durchaus auch ganz konkret Verlage motivieren, sich überhaupt erst auf neue Publikationsmodelle einzulassen. Das Zentrum für Interdisziplinäre Polenstudien der Europa-Universität Viadrina ist, wie das Publikum erfuhr, auch in anderer Hinsicht für die digitale Fachkommunikation aktiv: Es betreibt eine mehrsprachige Kommunikationsplattform namens Pol(enstudien)-Int(erdisziplinär), bei der bis zur Konsolidierung eigener Strukturen offenbar auch das hochaktuelle Feld der Ukrainian Studies Obdach findet.

Open Access-Förderung als Internationalisierungsimpuls

Jens Eder, Professor für Dramaturgie und Ästhetik an der Filmuniversität Konrad Wolf Babelsberg, wendet sich mit einem ganz anderen Thema, aber ähnlichem Ansatz an ein globales Publikum. Sein Standardwerk “Die Figur im Film” wird in englischer Übersetzung Open Access beim im Cambridge beheimateten Open-Access-Verlag Open Book Publishers erscheinen, was die internationale Rezeption gleich doppelt befördern wird. Das Buch zeigt, wie bei Open Access in optimaler Umsetzung alle Beteiligten nur gewinnen, und darin sind ausdrücklich das Land Brandenburg als Wissenschaftsstandort und die deutsche Filmwissenschaft als Fachcommunity mit einbezogen. Denn “Characters in Film”, so der Titel der Übersetzung, bezeugt nicht allein die Forschungsleistung Jens Eders an sich, sondern auch, dass diese an der Filmuniversität genau am richtigen Ort ist und von dort aus Akzente zu setzen versteht. Ein interessanter Nebenaspekt der Entscheidung für Open Access und Open Book Publishers kam zusätzlich zur Sprache: Andere internationale Verlage hätten das Buch ebenfalls gern publiziert, allerdings nur in einer verschlankten, in gewisser Weise marktkonformen Anpassung, was konkret eine Höchstgrenze von 300 Seiten bedeutet hätte. Dank der Förderung gab es eine Alternative und das Buch erscheint nun ohne Abstriche. Auch das ist Bibliodiversität.

Open-Access-Förderung als Zukunftsimpuls

Der Gesamteindruck der Veranstaltung war, dass Open Access sich nicht mehr legitimieren muss. Vielmehr sprechen wir jetzt darüber, wie wir Open Access bei wissenschaftlichen Büchern weiterentwickeln und optimal ausgestalten. Gerade in den eher geisteswissenschaftlichen Publikationskulturen ist das nicht selbstverständlich. Die beiden genannten Titel dürften dabei Vorbildcharakter haben.

Es gibt natürlich noch einiges zu tun. Von Magdalena Kamińska kam eine interessante Anregung zur Integration von Open-Access-Büchern in Bibliotheksbeständen und damit in bibliothekarischen Nachweisstrukturen. Katja Krause, Leiterin der Bibliothek der Filmuniversität, betonte die Herausforderung, dass es oft im Prinzip noch zwei Welten gibt – die der Discovery-Systeme, die eher globale auch lizenzierte und affiliierte Inhalte und damit Open-Access-Titel zugänglich machen. Und die der OPACs, die stärker in der Tradition des Bestandsmanagement stehen und daher Open-Access-Titel häufig nicht direkt nachweisen. Für Nutzende ist das oft nicht transparent, womit eine Hausaufgabe sowohl für die Bibliothekswissenschaft als auch die -praxis benannt sein dürfte. Die letzte Meile der Literaturvermittlung enthält eine Gabelung, die die Auffindbarkeit von Open-Access-Büchern mitunter erschwert.

Open-Access-Förderung als Teilhabeförderung

Das dürfte unter das Stichwort “Optimierung” fallen, ebenso wie die weitere Popularisierung von Open Access über ein Zusammenspiel von Infrastruktur, also i.d.R. Bibliotheken, und Wissenschaft, also Fachgesellschaften. Interessanterweise hat die Pandemie an dieser Stelle zu einer erheblichen Dynamisierung, vielleicht sogar zum nachhaltigen Kultur- und Einstellungswandel geführt. Wo Bibliotheken aus Gründen des Gesundheitsschutzes keine Präsenznutzung ermöglichen, gewinnt der digitale Zugang aus der Distanz noch einmal einen ganz anderen Stellenwert. Er ist nämlich de facto der Einzige. Remote arbeiten zu können wird als Anspruch bleiben und erweist sich nicht nur aus Gründen des Infektionsschutzes als sinnvoll. Für viele Arbeitsmodelle ist er die effektivere Variante. Er bringt zugleich neue Modelle hervor, die wiederum Teilhabemöglichkeiten ausbauen. Magdalena Kamińska verwies nachdrücklich auf die oft ausgeblendete Mehrfachbelastung gerade für viele Frauen und betonte:

“Open Access unterstützt gerade Frauen in der Wissenschaft, die eine Balance zwischen wissenschaftlicher Arbeit und Familienarbeit finden müssen. Die digitale und kostenfreie Zugänglichkeit ermöglicht es Wissenschaftlerinnen, unabhängig von Öffnungszeiten, Ausleihzyklen und Anschaffungskosten forschen zu können.”

Open-Access-Förderung als wissenschaftspolitisches Ausrufezeichen

Natürlich ist Open Access nicht gratis. Ohne Zuschuss wird der Harrassowitz Verlag derzeit vermutlich keinen Band der “Interdisciplinary Polish Studies” nach diesem Verfahren publizieren. Qualitätsgesicherte Publikationen brauchen, ob mit Wissenschafts- oder Hochschulverlag, eine Finanzierungsgrundlage. Deshalb ist es, so der Gesamteindruck dieser Veranstaltung, wichtig, dass es einen Publikationsfonds gibt, der sich an diesen Kosten zu bestimmten, bewusst auch als Steuerungsimpuls gedachten Konditionen beteiligt. Das Land Brandenburg leistet sich dieses nun auch empirisch nachgewiesen sehr wirkungsvolle Werkzeug und setzt damit auch wissenschaftspolitisch ein Ausrufezeichen. Wer mehr dazu erfahren möchte, ist sehr herzlich zu einer nächsten Informationsveranstaltung zum Fonds und zu den Förderbedingungen am 29. Juni 2022 eingeladen.

Zitierhinweis:

Kaden, Ben (2022): „Open Access-Bücher aus Brandenburg. Eine Rückschau auf die Veranstaltung zu einem Jahr Publikationsfonds..“ DOI: 10.59350/tr5wp-v1h11

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Autore Ben Kaden

Seit dem vergangenen Jahr stellt das Land Brandenburg einen Fonds zur Förderung wissenschaftlicher Open-Access-Bücher bereit. Und mittlerweile finden sich die ersten geförderten Titel eben nicht nur im Buchhandel sondern parallel auch ganz im Sinn der Sache als Open-Access-Ausgaben auf den entsprechenden Repositorien.

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Autore Ben Kaden

Installationsansicht der Skulptur "Le héros invisible" des Künstlers Philip Metz aus dem Jahr 2014, die im Rahmen der Ausstellung „Deutscher Kolonialismus - Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart“ im Jahr 2016 neben dem Deutschen Historischen Museum in Berlin gezeigt wurde. Gezeigt wird einmal die Frontalansicht zwischen den Gebäuden des DHM sowie eine Nahsicht, die die Aufschrift "Zu Ehren der für das Deutsche Vaterland gefallenen Kameruner Soldaten" lesbar macht.

Openness in Kultureinrichtungen ist das Thema der Stunde. Das gilt nicht nur insgesamt in der Open GLAM-Community, sondern natürlich auch bei Kultureinrichtungen sowohl in Berlin als auch in Brandenburg. Daher nahmen wir als Vernetzungs- und Kompetenzstelle mit Freude Ende April 2022 das Angebot an, Perspektiven auf diesen Komplex im Rahmen eines Digitalworkshops unserer Kolleginnen vom Berliner Open-Access-Büro zu vertiefen. Mittlerweile gibt es einen schönen Bericht zur Veranstaltung: Berlin Open GLAM – Quo Vadis Landesinitiative?

Die genuin Berliner Themen (Stichwort: Landesinitiative Open Research Berlin) wollen wir an dieser Stelle beiseite lassen, auch wenn der Vergleich zwischen den Bundesländern und der Landesinitiativen immer sehr spannend ist. Da jedoch die Gelegenheit bestand, das Thema “Rechtsfragen von Open Access” besonders zu vertiefen, sollen die dort diskutierten Aspekte an dieser Stelle noch einmal zusammengefasst werden. Denn diese sind naturgemäß auch für die entsprechenden Communities in Brandenburg von Interesse.

Die ethische Seite der digitalen Objektbereitstellung

Zunächst standen die zentralen Herausforderungen insbesondere zur Wahl angemessener Creative-Commons-Lizenzen für digitalisierte Kulturobjekte im Fokus. Das allein bietet bekanntlich genug Stoff für unendliche rechtsphilosophische und rechtspraktische Erörterungen. Doch überraschend verschob sich das Gespräch in eine Richtung, die man aus bibliotheksbezogenen Open Access-Diskussionen weniger kennt, die für viele Museumssammlungen aber unverzichtbar ist. Gemeint ist eine, wenn man so will, ethische Dimension der Objektdigitalisierung. Neben dem formalisierten Rechtsrahmen wirken nämlich bei überlieferten Kulturgütern oft auch Anforderungen, die weniger formaljuristisch als wissenschaftsethisch zu adressieren wären. Selbst wenn also aus rechtlicher Sicht keine besonderen Einschränkungen vorliegen oder mehr noch, wenn man sich in einem Graubereich bewegt, können für bestimmte Digitalisierungsentscheidungen und -handlungen ethische Normen ähnlich relevant werden wie juristische. 

Ein Beispiel sind überlieferte, teils auch sakrale Objekte aus indigenen Herkunftszusammenhängen. Eine angemessene Kontextualisierung erweist sich häufig bereits in analogen Sammlungen und Ausstellungen als eine Herausforderung. Zurecht ist die Dekolonisierung mittlerweile ein Leitbaustein der konzeptionellen Entwicklung vieler Kultureinrichtungen. Die Objektdigitalisierung und mögliche Bereitstellung zur freien Nachnutzung verstärken nun Effekte einer Dekontextualisierung und dies möglicherweise mit dramatischen Folgen.

War das analoge Objekt zumindest räumlich fixiert und damit notwendig kontextualisiert, schaffen eine Bereitstellung und weitreichender Einräumung von Nutzungsrechten, beispielsweise CC-BY, die Möglichkeit, jeden Kontext zu verwischen oder auszublenden und beispielsweise genehmigungsfrei rein kommerzielle, appropriierend oder gar das Ursprungsobjekt entwürdigende Nutzungen vorzunehmen.

Während man für bestimmte Objekte in der Abwägung eine grundsätzliche Gelassenheit gegenüber auch nicht primär willkommenen Nachnutzungen im Namen einer konsequent offenen digitalen Kultur hinnehmen oder gar einfordern kann, gibt es bei anderen Objektkontexten Linien, die aus guten Gründen nicht überschritten werden sollten. Creative Commons-Lizenzen und auch andere Regelungsformen lassen hier bisher leider keine spezifische Differenzierung zu. Das ist ein zentraler und berechtigt kritisierter Nachteil allgemein ausgerichteter Lizenzen. Ein, wenn man so will, Kontextualisierungszwang als Addendum, der die ethischen Anforderungen formalisiert, wäre zumindest theoretisch vorstellbar. 

[caption id="attachment_2925" align="alignnone" width="1024"]Installationsansicht der Skulptur "Le héros invisible" des Künstlers Philip Metz aus dem Jahr 2014, die im Rahmen der Ausstellung „Deutscher Kolonialismus - Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart“ im Jahr 2016 neben dem Deutschen Historischen Museum in Berlin gezeigt wurde. Gezeigt wird einmal die Frontalansicht zwischen den Gebäuden des DHM sowie eine Nahsicht, die die Aufschrift "Zu Ehren der für das Deutsche Vaterland gefallenen Kameruner Soldaten" lesbar macht. Installationsansicht der Skulptur "Le héros invisible" des Künstlers Philip Metz aus dem Jahr 2014, die im Rahmen der Ausstellung „Deutscher Kolonialismus - Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart“ im Jahr 2016 neben dem Deutschen Historischen Museum in Berlin gezeigt wurde. (Foto: Ben Kaden, CC BY 2.0, Bildquelle)[/caption]
Kontext, aber wie? Als das Deutsche Historische Museum Berlin im Mai 2016 im Rahmen seiner Ausstellung „"Deutscher Kolonialismus - Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart“" eine skulpturale Erinnerung des Künstlers Philip Metz ("Le héros invisible", 2014) neben den Pei-Bau stellte, trug es auch eine dekoloniale Intervention in den öffentlichen Raum. Inwieweit sich damit die Dekolonisierungs-Intention des Werks ebenfalls direkt in die Öffentlichkeit übertrug und von den Passant*innen entsprechend gelesen werden konnte, ist nicht dokumentiert. Vermutlich war sie mal erfolgreich und mal nicht. Kunst muss sich nicht daran messen lassen. Platzierung und Aufstellungszeitraum ermöglichten auf jeden Fall eine einfache Kontextualisierung. Das digitale Foto des Objekts verrät dagegen ohne Beschreibung nur noch eingeweihten Personen, was es zeigt. (Foto: Ben Kaden, CC-BY 2.0)

Dokumentation als Lösung? 

Eine Option wäre eine sorgfältige Dokumentation. So ist als eine digitalisierungsethische Bedingung denkbar, beispielsweise die transparente Abbildung der Provenienzlinien der Objektgeschichte sowie der digitalen Objektifizierungsprozesse als Mindestanforderung festzuschreiben. Eine solche Aufschlüsselung wäre mit dem Digitalisat verknüpft vorzuhalten. Aus dem allgemeinen Forschungsdatenmanagement könnten die obligatorischen Forschungsdatenmanagementpläne als eine entsprechende Inspiration herangezogen werden. Dabei sollten digitale Objektdokumentationen auch Informationen dazu enthalten, auf welcher Grundlage zum Beispiel erschließende Schlagwörter zugeordnet werden oder Ontologien formuliert sind. Die objektspezifische Transparenz müsste also neben den das Objekt beschreibenden Angaben auch Angaben zu den Digitalisierungs-, Erschließungs- und Bereitstellungsinfrastrukturen und -workflows umfassen. Je länger man darüber nachdenkt, desto mehr Anforderungen kristallisieren sich heraus. Und eines ist deutlich: Eine ethisch und rechtlich sensible Open-Access-Bereitstellung von Kulturobjekten dürfte mitunter sehr komplex werden. Und braucht in den meisten Fällen eine gezielte professionelle Begleitung.

Digitalisierungstabus(?) und CARE

Nicht weniger komplex, aber noch anders gelagert, zeigt sich das Problem der Digitalisierung und des Open Access für Objekte, deren Präsentation mit bestimmten sakralen Konventionen, eventuell sogar mit Tabus verbunden sind. So kommt es durchaus vor, dass Gegenstände in ihrem kulturellen Ursprungszusammenhang nur von bestimmten Seiten gezeigt und betrachtet werden dürfen. Eine komplette 3-D-Digitalisierung wäre zwangsläufig eine Missachtung dieser Tabus und müsste gesondert begründet werden. Damit befände man sich in einer elementaren wissenschaftsethischen Auseinandersetzung über die Grenzen wissenschaftlicher Arbeit und die Frage, inwieweit gerade westliche und post-koloniale Wissenspraxen auf die kulturellen Anforderungen und Besonderheiten der entsprechenden Kulturen Rücksicht nehmen und im Zweifel einen Forschungsverzicht akzeptieren müssen. Die sogenannten CARE Principles for Indigenous Data Governance stellen eine entsprechende Ergänzung zu den FAIR Guiding Principles for scientific data management and stewardship. dar. Ob sie in allen Anwendungskontexten wirklich zu Lösungen führen können, bleibt jedoch offen.

Im Zweifel: Einzelfallabwägung. Und Dialog

Gerade der Blick ins Detail zeigt, dass es meist keine einfachen Antworten und sehr Einzelfallkonstellationen gibt. Die Anerkennung kultureller Spezifität steht genaugenommen grundsätzlich einer Schematisierung und Verallgemeinerung auch von Entscheidungsprinzipien entgegen. Im Zweifel bleibt daher nur die individuelle Bewertung des jeweiligen Kontextes und Objektes sowie eine entsprechende Abschätzung möglicher Folgen einer Bereitstellung. Das ist zugegeben sehr aufwendig und steht dem Wunsch nach einer möglichst schnellen und breiten Sammlungsdigitalisierung naturgemäß entgegen. Dennoch führt aus offensichtlichen Gründen kein Weg daran vorbei.

Bei lebenden Kulturen kann man in Übereinstimmung mit CARE partizipativ und dialogisch Lösungen erarbeiten und kollaborativ in eine epistemische Dekolonisierung eintreten. Bei Kulturen, die nur noch in den Überlieferungen sichtbar werden, stellt sich die Frage ungleich stärker. Dies wird weiter verschärft, wenn ihre heutige Sichtbarkeit teilweise de facto allein durch eine Auseinandersetzungs- und Präsentationspraxis erzeugt werden kann, die konträr zu den kulturellen Regeln und Wertvorstellungen der Ursprungskultur steht. Das Dilemma ist deutlich und die Anforderungen an eine Auseinandersetzungssensibilität sind besonders hoch.

Personenbezogene Spuren

Eine weitere wissenschafts- und digitalisierungsethisch relevante Perspektive eröffnet sich immer dort, wo Dokumente personenbezogene Daten und Kontextualisierungen sichtbar werden lassen. Besonders drastisch ist dies, so ein Beispiel aus der Diskussion, bei nachvollziehbaren Genealogielinien zu heute lebenden Menschen. Durch die Bereitstellung und das Mapping von Korpora eröffnen sich möglicherweise nicht intendierte Zusammenhänge. Die Verknüpfung von Daten und die maschinelle Analyse gibt eventuell mehr preis als die Lektüre der einzelnen Zeugnisse und damit auch mehr, als möglicherweise gut ist.

Aber auch für personenbezogene Überlieferungsspuren, die dem Bauchgefühl nach eher als unkritisch anzusehen wären, stellt sich die Frage, inwieweit Elemente konkreter Biografien ohne ausdrückliche Zustimmung nicht nur abstrakt für ein konkretes Forschungssetting benutzt sondern auch unter entsprechenden freien Lizenzen für eine Nachnutzung bereitgestellt werden sollten. Wer seine Lebensspuren problemlos einer kulturanthropologischen Studie überlässt, mag damit nicht automatisch wohlwollend vorhergesehen haben, dass Jahrzehnte später eine Künstliche Intelligenz auf eben diese trainiert.

Sowohl Recht als auch Ethik

Die CARE-Prinzipien sind für solche Fälle mit ihrer speziellen Ausrichtung nur eingeschränkt ein passender Bezugspunkt. Sie eröffnen aber eine wichtige Problematisierung. Open Access muss in den Blick nehmen, wie eine tiefergehende Auseinandersetzung mit den ethischen Fragen der Objektdigitalisierung und des freien Zugriffs einen Grundbaustein für jede nachhaltige Open GLAM- und verwandte Strategieentwicklung darstellt. Zugleich offenbart sich der Bedarf für einen stabilen Anlaufpunkt, möglicherweise in Form einer Clearingstelle nicht nur für Rechtsfragen, sondern auch für die ethische Objektdigitalisierung und -verfügbarmachung. Diese müsste GLAM-Einrichtungen also neben juristischer Fachexpertise auch Expertise in den Bereichen Dekolonisierung und Wissenschaftsethik bieten. Parallel entsteht, wie sich aus der Diskussion im Plenum ergab, die Notwendigkeit einer entsprechenden Schulung und Sensibilisierung vorhandener juristischer Zuständigkeiten in den Häusern. Möglicherweise braucht es also zukünftig neben Hausjurist*innen eher früher als später auch hauptberufliche Hausethiker*innen. 

VeranstaltungenCreative CommonsOpen AccessOpen Access BrandenburgAltre scienze socialiTedesco
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Autore Anja Zeltner

Am 28.6.2022 wird die Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg von 13 bis 15 Uhr eine digitale Schulung zu Creative Commons Lizenzen anbieten. Die Schulung wird Fabian Rack halten, Anwalt bei iRights.Law und Spezialist für CC-Lizenzen und Urheberrechte. Die Schulung richtet sich insbesondere an die Open-Access-Professionals an Hochschulen und Universitätsbibliotheken.

OA BasicsOA PublizierenOpen AccessOpen Access BrandenburgWissenschaftsverlageAltre scienze socialiTedesco
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Autore Anja Zeltner

Am 28.4.2022 fand eine digitale Schulung zum Thema „Verlagsworkflows für Open-Access-Bücher“ statt, die die VuK organisierte. Hier finden Sie einen Überblick zu den Inhalten dieser Schulung. Die Schulung hielten Rebecca M. Walter und Dr. Anja Zeltner, die beide einen professionellen Hintergrund im Verlagswesen haben. Die Schulungsmaterialien wurden nun auf Zenodo veröffentlicht.

OA PublikationsfondsVeranstaltungenOpen-Access-FörderungOpen-Access-MonografienPublikationsfonds Für Open-Access-Monografien Des Landes BrandenburgAltre scienze socialiTedesco
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Autore Anja Zeltner

Seit Herbst 2021 haben Hochschulangehörige der acht Brandenburger Hochschulen die Möglichkeit, ihre Open-Access-Publikationen über den Publikationsfonds für Open-Access-Monografien des Landes Brandenburg zu finanzieren. Dieser fördert Monografien, Sammelbande, Beiträge in Sammelbänden und Dissertationen mit bis zu 6000 EUR.

OA BrandenburgOA NewsOA PublikationsfondsBildungswesenBildungswissenschaftenAltre scienze socialiTedesco
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Autore Ben Kaden

Die Liste der über den Publikationsfonds für Open-Access-Monografien des Landes Brandenburg geförderten Publikationen ist diese Woche um einen weiteren Titel gewachsen. Denn am Montag erschien im Waxmann-Verlag das Buch Bildung gestalten im Homeschooling (DOI: 10.31244/9783830995203) von Christin Tellisch, Daniela Schlütz, Michaela Stastkova und Alexander C. Lang.

OA BrandenburgOA KommunikationVeranstaltungenOpen Access BarcampOpen Access SmalltalkAltre scienze socialiTedesco
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Autore Ben Kaden

Für den 22. Open Access Smalltalk Brandenburg interpretieren wir Openness noch einmal anders und zwar als ganz besondere kommunikative Offenheit. Da nämlich am 28. und 29.April 2022 eine Open Access Barcamp des Projekts open-access.network stattfindet, scheint es naheliegend, uns in dieses vermutlich offenste aller Fachveranstaltungsformate einzubringen.

OA BerlinOA BrandenburgOA KommunikationVeranstaltungenOpen ResearchAltre scienze socialiTedesco
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Autore Anita Eppelin

Am Freitag, den 25.3.2022 fand von 14-15:30 die fünfte Veranstaltung der Reihe „Quo vadis offene Wissenschaft“ statt, die von der Vernetzungs- und Kompetenzstelle gemeinsam mit dem Open-Access-Büro Berlin, der Hochschulbibliothek der TH Wildau und weiteren Berliner und Brandenburger Partnereinrichtungen organisiert wird.

OA BrandenburgVeranstaltungenDINI ZertifikatOA ZertifizierungOpen AccessAltre scienze socialiTedesco
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Autore Ben Kaden

Die Vernetzungs- und Kompetenzstelle wird im April zwei Schulungen anbieten. Am 14.04.2022 (13:00-13:45) wird die ursprünglich für den 01. März geplante Schulung zum DINI Zertifikat für Publikationsdienste nachgeholt. Am 28.04. (13:00-14:30) stehen Einblicke in die Workflows für die Produktion von Open-Access-Büchern in Wissenschaftsverlagen auf dem Programm. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.