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Open Access Brandenburg

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Auteur Philipp Falkenburg

Dieser Blogpost behandelt die Grundlagen des zum Anfang des Jahres gestarteten Dienstes OpenAlex. Er beantwortet die Frage, was OpenAlex überhaupt ist, beleuchtet die Hintergründe der Entstehung und versucht eine erste Einordnung für den aktuellen Ausbaustatus. Ein weiterer Fokus bildet das zugrunde liegende Modell globaler Wissenschaft und dessen mit Metadaten beschriebene Bestandteile als so genannte Entitätstypen.

Von Microsoft Academic zu OpenAlex

Als Microsoft im Februar 2016 mit Microsoft Academic eine Suchinfrastruktur für wissenschaftliche Literatur freischaltete, waren die Erwartungen riesig. Ein zeitgemäßes, ambitioniertes Angebot, das noch dazu im Gegensatz zu Google Scholar seine Datenbasis, den Microsoft Academic Graph (MAG), öffnete, bot das Potenzial, digitale Nachweisstrukturen für die Wissenschaft noch einmal neu aufzustellen. Besonders relevant war die Umsetzung des “Open Data”-Prinzips. Auch wenn Microsoft Academic nicht alles einlöste, was man sich 2016 versprach, wurden die APIs stark genutzt. Umso ernüchterter war die Community, als im vergangenen Jahr durchsickerte, dass Microsoft den Dienst einstellen und die APIs zum 31. Dezember 2021 deaktivieren würde. Damit fiel der MAG zwar mit Ansage, aber doch über Nacht weg. Ein Begleiteffekt war und ist die neu entflammte Diskussion über die Abhängigkeit der Bibliotheks- und Wissenschaftslandschaft von kommerziell betriebenen Dienstleistungsangeboten. Konzeptionell ist diese Abhängigkeit gar nicht nötig, denn die benötigten Werkzeuge, Methodologien und grundlegenden Paradigmen sind der wissenschaftlichen Community lange bekannt: Open-Source-Software, bibliometrische Verfahren und das Paradigma der Openness bezüglich (Meta-)Daten. Woran es aber im öffentlichen Sektor oftmals mangelt, ist die nötige langfristige finanzielle Ausstattung, um einen solchen Dienst skalierbar und verlässlich zu betreiben. Dazu addieren sich aufwendige Wege durch Abstimmungs- und Antragsverfahren zur Realisierung eines nachhaltigen, globalen Informationsangebots, einschließlich der dafür nötigen Organisationsstrukturen und Personalressourcen. Möglicherweise fehlt es schließlich auch am Willen, eine solche Vision Realität werden zu lassen. Der findet sich an anderer Stelle: In die Lücke sprang die im Bereich der Infrastruktur für Wissenschaft und Wissenschaftsunterstützung tätige Non-Profit-Organisation OurResearch, ermöglicht durch eine Anschubfinanzierung von der in London ansässigen Arcadia Foundation in Höhe von 4,5 Millionen US-Dollar. OurResearch wurde durch Angebote wie Unpaywall bekannt. Nun übernimmt das Unternehmen den Aufbau eines Dienstes mit dem Namen OpenAlex. Dieser startete fast nahtlos zur Einstellung des MAG im Januar 2022. Erwähnenswert ist, dass OurResearch angibt, nach den "Principles of Open Scholarly Infrastructures" (POSI) zu arbeiten. Mit einem Commitment zu diesen Prinzipien ist verbunden, dass alle Entwicklungen offen, ausschließlich an den Interessen der Wissenschaftscommunity und der orientiert, nachhaltig und transparent erfolgen, was für große, zentrale Datendienste von besonders großer Bedeutung ist.

Was ist OpenAlex?

Aber was ist OpenAlex und wie unterscheidet es sich von klassischen Bibliothekskatalogen oder Discovery-Systemen? Der Name leitet sich von der Bibliothek von Alexandria ab und unterstreicht damit die Ambition, das Wissen der Zeit zu sammeln und verfügbar zu machen, ergänzt um das Prinzip der Openness. OpenAlex ist dabei kein Bibliothekskatalog, denn der Fokus auf die Wissenschaftslandschaft ist viel breiter als lediglich eine Betrachtung des Publikationsoutputs. Das zugrundeliegende Modell der globalen Wissenschaft differenziert die Entitätstypen (“types of entities”) Works, Authors, Venues, Institutions und Concepts. Die Stärke dieses Modells sind die Verknüpfungen der einzelnen Entitäten untereinander. Durch sie entsteht ein Netzwerk aus hunderten Millionen Knoten (Entitäten) und Milliarden Kanten (Verbindungen), auf dem wiederum szientometrische Operationen ausgeführt werden können.

 

 

[caption id="attachment_4541" align="alignnone" width="1024"]graph of data model of OpenAlex, showing the so-called types of entity and their interconnection graph of data model of OpenAlex, showing the so-called types of entity and their interconnection: Die der Datenstruktur von OpenAlex zugrunde liegenden Entitätstypen.[/caption]

 

Die Entität Works beinhaltet Publikationen aller Art, wie Zeitschriftenartikel, Bücher, aber auch Forschungsdaten und weitere Formen wissenschaftlichen Outputs. Eine weitere Ebene der Verknüpfungen innerhalb dieses Entitätstyps stellen die nachgehaltenen Zitationen dar, womit OpenAlex ein mächtiges Instrument für bibliometrische Analysen zu werden verspricht.

Authors beinhaltet Personen, welche an der Erstellung von Works beteiligt sind. Hier kündigt OpenAlex die Entwicklung eines Algorithmus für die Disambiguierung an, was ebenfalls den Nutzen im Vergleich zu bestehenden Angeboten steigern dürfte.

Venues beinhaltet die Publikationsplattformen von Works, also die Zeitschriften oder Repositorien.

Institutions erfasst mit Works affiliierte Organisationen, also beispielsweise Universitäten oder andere Forschungseinrichtungen. Die Beziehung wird über die Authors hergestellt. Auf dieser Datengrundlage wäre also eine einrichtungsbezogene Wissenschaftsmessung möglich, was möglicherweise die oft kritisierten Fallstricke eine betont quantitativen Wissenschaftsmessung verstärken könnte (siehe dazu z.B. hier).

Concepts beinhaltet hierarchisch angeordnete, abstrakte Konzepte zur Verschlagwortung von Works. Damit wird der (bereits beim MAG als Gamechanger erhoffte) Schritt zu einer, semantische Beziehungen besser nachweisbar machenden, Erschließungsstruktur vorbereitet. Auch hier gibt es naturgemäß erhebliche Herausforderungen, allen voran die semantische Schärfe und Passgenauigkeit. 

Allen Entitäten sind wiederum definierte Sets an Metadatenelementen zugeordnet. Diese können in der ausführlichen Dokumentation nachgelesen werden.

OpenAlex und Open Access

Aus Sicht von Open Access und des Open-Access-Monitorings ist relevant, dass die Metadatenstruktur von OpenAlex auch den Open-Access-Status der Works nachweist. Wo es möglich ist, werden die Volltexte verlinkt und die Venues – sofern zutreffend – mit der Eigenschaft “is_oa: true” ausgewiesen. Das Schema dafür ist (beispielhaft) “oa_status: "gold"”. OpenAlex erfasst also, ob eine Publikation Open Access ist, welcher Art Open Access sie ist und unter welcher URL der Volltext abrufbar ist.

Die Datengrundlage

Als Datenbasis für den Start des Angebots dient der letzte veröffentlichte Snapshot der Daten des MAG. Diese wird, den Entitäten entsprechend, um Daten weiterer Quellen, allen voran Crossref. Aber auch auf ORCID (Open Researcher and Contributor ID), ROR (Research Organization Registry), DOAJ (Directory of Open Access Journals), Wikidata u. a. wird zur Vervollständigung des Datenangebots und Verbesserung der Datenqualität zurückgegriffen. Neue Publikationen werden über Crossref anhand der DOIs identifiziert und in den Datensatz eingespeist. Dieser umfasst nach Angaben der Betreibenden von OpenAlex aktuell über 200 Millionen Works und wächst täglich um etwa 50.000.

Aktueller Stand

OpenAlex ging bereits Anfang 2022 in den öffentlichen Betrieb über, allerdings zunächst im Minimalausbau und nur via API abrufbar. Die Entwicklung eines öffentlich zugänglichen Webinterface läuft aktuell noch (einen ersten Eindruck bietet dieses “sneak preview”). Gleiches gilt für andere Bausteine. Ganz im Einklang mit dem Anspruch der “Openness” kommuniziert OpenAlex seine Entwicklungsschritte und berücksichtigt Feedback aus der Community. Bis das Webinterface bereitsteht, wird diese Community eher technisch versierte Anwender*innen umfassen. Für viele potenzielle Anwender*innen aus der bibliothekarischen Praxis dürfte die Beschränkung des Zugriffs auf die Datenbasis auf API und Download eine entscheidende Hürde darstellen. Wenn die Weboberfläche im September 2022 wie geplant bereitgestellt wird, dürfte sich die Aufmerksamkeit auf und Nutzung von OpenAlex deutlich erhöhen.

Fazit

OpenAlex verspricht, was lange Zeit schon Not tut: ein global angelegtes, offenes und nachhaltiges System zur Abbildung von Forschungsprozessen anhand der über die Entitätenstypen abgebildeten Dimensionen. Dieses Versprechen stand freilich bereits 2016 für den MAG im Raum. Wirklich beurteilen lässt sich auch OpenAlex und seine Leistungsfähigkeit in der aktuellen Fassung naturgemäß noch nicht.

Dafür, dass der Start des Dienstes erst ein halbes Jahr zurückliegt und das Projektteam eine beachtliche Geschwindigkeit vorlegt, ist etwas Geduld sicher angezeigt. Angesichts der beachtlichen Datenmengen und -komplexität stehen ohnehin große Herausforderungen hinsichtlich Konzeption und Betrieb im Raum. Es lohnt sich daher auf jeden Fall, Augen und Ohren hinsichtlich OpenAlex offenzuhalten. Denn möglicherweise – beziehungsweise hoffentlich – wird OpenAlex für die Community bald eine offene Alternative zu großen kommerziellen Playern darstellen, die zugleich problematischen Entwicklungen im kommerziellen Sektor, wie etwa der des Wissenschaftstrackings, etwas entgegensetzen kann.

Weiterführende Informationen

 

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Publié
Auteur Ben Kaden

Wie bereits im Open Access Update Berlin & Brandenburg 2/2022 kurz vermeldet, organisierte die Vernetzungs- und Kompetenzstelle Anfang Juni 2022 einen Workshop, bei die Open-Access-Community eingeladen war, sich mit den für Open Access relevanten Aspekten des in Überarbeitung befindlichen Hochschulgesetzes des Landes Brandenburg (BbgHG-E)  zu befassen. Die Ergebnisse dieses Workshops wurden an das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) übermittelt. An dieser Stelle wollen wir noch einmal die fünf Schwerpunkte benennen, die sich im Workshop als besonders zentral herausstellten.

1.) Eine stärkere Berücksichtigung qualitativer Aspekte bei der Bewertung von Publikations- und Forschungsleistungen

Die Defizite einer rein quantitativen Wissenschaftsmessung sind seit langem bekannt, wirken aber nach wie vor tief in den Wissenschaftsbetrieb. Dies führt zu bestimmten Zwängen in den Publikationsentscheidungen, die nicht nur nicht unbedingt konform mit den Ansprüchen von Open Access sind, sondern auch oft nicht wissenschaftsadäquat. Quantitative Parameter der Leistungsmessung wirken auf den ersten Blick objektiv. Sie klammern jedoch eine ganze Reihe von entscheidungsrelevanten Informationen aus. Zudem reproduziert der Fokus auf quantitative Paramater und Indices genau die Mechanismen des Wissenschaftssystems, die der Kulturwandel hin zu mehr Openness überwinden möchte. 

Es wurde daher angeregt, die Berücksichtigung qualitativer Parameter der Wissenschaftsmessung ergänzend oder ersetzend im Gesetz festzuschreiben.  Die Teilnehmenden sahen gerade für die Hochschulgesetzgebung die Möglichkeit, hier wichtige Impulse in Berufungsverfahren von Professor*innen bzw. Junior-Professor*innen zu geben. Die Nutzung offener Lizenzen (Creative Commons) und eine spezifisch auf die Nachnutzung von Forschungsmaterialien ausgerichtete zusätzliche Aufbereitung könnten dabei ebenso eine Rolle spielen wie Open Access-Publikationen an sich oder eine besondere Forschungstransparenz. Auf diesem Weg soll eine Verschiebung von einer Ausrichtung des Publikationsverhaltens auf die Optimierung der eigenen Karriereschritte hin zu einer auf die Interessen von Fach- und anderen Öffentlichkeiten ausgerichteten Kommunikation von Forschung gefördert werden.

2.) Eine Stärkung der Diversität von Publikationsleistung an und durch die Hochschulen

Um neue offene und digitaltechnisch vielfältigere Publikationsformate (Stichwort: Enhanced Publishing) zu fördern, sollten Akzeptanz sowie Möglichkeiten der Nutzung neuer Formen der wissenschaftlichen Publikation und Kommunikation gestärkt werden. Es gibt mittlerweile zahlreiche Publikations- und Kommunikationsaktivitäten jenseits des Journal Article, der Monografie und des Konferenzbeitrags. Begutachtungen und Reviewing beispielsweise auch im Sinne einer Open Peer Review, die Förderung von Projekten der Citizen Science oder Public Humanities sollten ebenso einen größeren Stellenwert erhalten wie die Publikation von Forschungsdaten. ihre nachnutzungsorientierte Aufbereitung oder auch die Bereitstellung von Code. Gelingt es, diese Diversität von Publikationswegen und -formaten festzuschreiben, unterstützt das auch den Kulturwandel und trägt zu einer größeren Diversität in der Wissenschaft bei. 

3.) Das Herausstellen der Rolle von Bibliotheken als Schlüsselinfrastrukturen für (Open-Access-)Publikationsdienstleistungen 

Während die Bibliotheken selbst meist sehr bewusst und aufgeschlossen progressive Publikationsmodelle nicht nur berücksichtigen sondern auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen, wird dieses Potential außerhalb der Bibliotheken häufig noch nicht umfassend erkannt. Gerade aber für die Umsetzung der Open-Access-Strategie des Landes Brandenburg ist ihnen und ihren publikationsstützenden Diensten eine zentrale Rolle zugedacht (vgl. Open-Access-Strategie des Landes Brandenburg, S. 8 f.). Diese wäre idealerweise noch präziser im Hochschulgesetz zu explizieren. 

4.) Die konsequente Entwicklung in Richtung Offenheit in der Wissenschaft

Die Open-Access-Strategie des Landes Brandenburgs betont den Kulturwandel in Richtung Offenheit in Wissenschaft und Forschung ausdrücklich als eine Aufgabe der Landesregierung. Kulturwandel bedeutet in diesem Fall, dass es nicht nur um Anpassungen im Publikationsprozess geht. Vielmehr greift er ganzheitlich an zahlreichen Schnittpunkten angefangen bei den Hochschul- und anderen öffentlichen Verwaltungen einschließlich den Institutionen der Landesregierung selbst, dem Bereich der offenen Kultur und den gesellschaftlichen Schnittpunkten, die unter Bezeichnungen wie Bürger*innenwissenschaften, Citizen Science, Public oder Citizen Humanities und auch generell partizipativen Schnittpunkten von Langen Nächten von Museen und Wissenschaft bis zu Hackathons laufen. Beispielsweise das Berliner Hochschulgesetz spricht folgerichtig nicht von Open Access sondern ausdrücklich von Open Science (vgl. §41 BerlHG, Abs. 2). Im Workshop wurde deutlich, dass auch diese Bezeichnung nicht inklusiv genug ist. Der Vorschlag der Teilnehmenden ist, von „Offenheit in Wissenschaft und Forschung“ zu sprechen, wobei auch die Position vertreten wurde, die Kultur ebenfalls direkt mit zu benennen. Dies würde auch mit dem etablierten Netzwerk “Offenheit in Wissenschaft, Forschung & Kultur Brandenburg” korrespondieren, aus dem bereits die Open-Access-Strategie hervorging. 

5.) Eine aktiv(er)e Berücksichtigung der Open-Access-Strategie des Landes Brandenburg

Die Open-Access-Strategie ist ein im Land weithin anerkanntes und darüber hinaus mit großem Interesse beachtetes Leitlinienpapier für die Transformation des wissenschaftlichen Publikationswesens unter den Bedingungen und Anforderungen des Landes Brandenburg als Wissenschafts- und Hochschulstandort. Aufgrund ihrer zentralen Rolle wäre eine entsprechende Erwähnung auch in der Gesetzgebung wünschenswert. Denn daraus würde sich ein noch deutlicherer Orientierungscharakter ableiten, der den in diesem Bereich aktiven Institutionen und Personen eine stärkere Handlungs- und Entscheidungssicherheit gäbe.

Nachbetrachtung

Aus methodischer Sicht kann der Workshop als sehr gelungen angesehen werden. Mit dem partizipativen Ansatz führt er die Tradition der Genese der Open-Access-Strategie fort. Es gelang eine Einbindung eines Querschnitts der Community. Die für die Fragestellung relevanten Zielgruppen wurden erreicht und eingebunden. Sollte für zukünftige Veranstaltungen eine Erweiterung des Fokus anhand der genannten Schnittpunkte, vor allem in Richtung Open Culture, erfolgen, müsste das Format entsprechend überarbeitet und angepasst werden.

Es wird in jedem Fall weitere Veranstaltungen zur strategischen Entwicklung von Open Access und zum Kulturwandel hin zu mehr Offenheit in Wissenschaft und Forschung geben. Die Vernetzungs- und Kompetenzstelle ist dabei jederzeit für Anregungen, Hinweise und Vernetzungen offen: KONTAKT

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Auteur Anja Zeltner

Die VuK stellt eine Präsentation zu Creative-Commons-Lizenzen zur Verfügung, die häufige Fragen bei der korrekten Nutzung beantwortet.

 

Am 28. Juni 2022 veranstaltete der Creative-Commons-Experte Fabian Rack von iRights.Law eine Creative-Commons-Schulung für die Stakeholder der Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg (VuK). Etwa 30 Teilnehmende lernten in der zweistündigen Schulung Basics zu den Creative-Commons-Lizenzen und diskutierten anhand von Beispielen deren Verwendung in der Praxis. Zusätzlich gab es einen Frageteil, in dem jede*r Teilnehmende die Möglichkeit hatte, individuelle Fragen an Fabian Rack zu richten.

Die Folien sind nun unter einer CC BY-Lizenz veröffentlicht. Sie können hier eingesehen werden: https://doi.org/10.5281/zenodo.6797978.
Auch die Diskussion im Anschluss haben wir teilweise für unsere FAQ (unter dem Punkt: Creative Commons) aufbereitet. Dieses finden Sie hier: https://open-access-brandenburg.de/fonds/faq/.

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Publié
Auteur Ben Kaden

Symbolgrafik Open Access Paths. Die Grafik zeigt drei Wegweiser, auf denen jeweils "Open Access" steht.

Gerhard Schneider: Open Access als Prinzip wissenschaftlicher Publikation. Open Access als Prinzip wissenschaftlicher Publikation. Historical Social Research, Vol. 29 — 2004 — No. 1, 114 - 122. https://doi.org/10.12759/hsr.29.2004.1.114-122  

 

Warum Zurückblicken?

 

Will man den Stand von Open Access in der Gegenwart verstehen, hilft es durchaus, hin und wieder mal einen Blick zurück zu werfen. Diese Rückschau ermöglicht ein besseres Verständnis nicht nur der Ursprünge sondern vor allem auch der historischen und gegenwärtigen Perspektiven und Ansprüche an Open Access. Das Denken der unmittelbaren Zeit nach der Berliner Erklärung, also das der mittleren 2000er Jahre, wirkt wie auch die Erklärung selbst durchaus erkennbar nach. Dies vergisst man bisweilen und auch ich brauche hin und wieder eine kleine Erinnerung. Eher zufällig, aber doch sehr willkommen fand sich unlängst ein Aufsatz von Gerhard Schneider, lange Direktor des Rechenzentrum der Universität Freiburg und mittlerweile Emeritus der Professur für Kommunikationssysteme derselben Universität, auf dem Lesetisch. Er stammt aus dem Jahr 2004 und erschien in der vom GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften herausgegebenen Zeitschrift Historical Social Research (HSR) in einem Sonderheft mit dem Schwerpunkt Neue Medien in den Sozial-, Geistes- und Kulturwissenschaften. Elektronisches Publizieren und Open Access: Stand und Perspektiven. Eventuell werden wir an dieser Stelle später noch Takeaways zu den anderen, nicht minder interessanten Beiträgen der Ausgabe in eine Rückschau nehmen. Unter anderem liefert die Ausgabe Texte von Stevan Harnad, Stefan Gradmann, Klaus Graf oder Andreas Degkwitz, allesamt zentrale Vertreter des Open-Access-Diskurses der 2000er Jahre. Für den Augenblick sollen aber die Kernaussagen aus dem Text von Gerhard Schneider extrahiert werden. 

 

Die Bibliothekskrise

 

Seine Analyse setzt mit der Beschreibung einer so genannten “Bibliothekskrise” ein, ein Ausdruck der mittlerweile kaum noch Verwendung findet und wenn, dann eher im Zusammenhang mit der Kürzung der Mittel für öffentliche Bibliotheken. Als bekannter, gebräuchlicher und zäher sollte sich der Ausdruck “Zeitschriftenkrise” erweisen. Und die Situation der wissenschaftlichen Zeitschriften war bekanntlich auch der Kipppunkt für die Open Access-Bewegung. 

Gerhard Schneider verortet das Initialproblem in der Tatsache, dass die wissenschaftlichen Communities eine Übernahme der Organisation ihrer Kommunikation, also ihres Publizierens, durch kommerzielle Verlage zuließen. Sie seien damit ein Stück weit selbst für die Misere der Preisspiralen verantwortlich. Die Publikation und Dissemination wissenschaftlicher Erkenntnisse als konstituierendes Kernelement des Systems Wissenschaft wurde seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus einer eher an Selbstkosten orientierten Produktionsstruktur in eine auf Profit orientierte überführt. Der Markt regelt hier jedoch nicht, da wissenschaftliche Erkenntnis und damit auch ein wissenschaftlicher Aufsatz unikal sind. Forscht man in einem Gebiet, ist man auch gezwungen, die andere dortige Forschung zu rezipieren. Zu den Texten der Peers gibt es keine Alternative. 

Die Verlage verstanden dies und gestalteten die Preise entsprechend entlang der Schmerzpunkte der jeweiligen Bibliotheksbudgets, wohlwissend, dass die Institutionen mit einer eventuellen Kappung des Zugangs zu den Kernzeitschriften ihren Forschenden auch ein zentrales, wenn man so will, Produktionsmittel vorenthalten würden. Dies wiederum würde maßgeblich auf die Qualität von Forschung und Lehre zurückwirken. Gerhard Schneider fasst die Lage so zusammen:

“Es handelt sich [...] nicht um einen Abnehmermarkt, sondern um einen Abhängigenmarkt. In einem solchen System kann aber der Lieferant jeden Preis fordern und erhält ihn auch, da es keine Alternativen gibt”.

Schneider, Gerhard: Open Access als Prinzip wissenschaftlicher Publikation. Open Access als Prinzip wissenschaftlicher Publikation. Historical Social Research, Vol. 29 — 2004 — No. 1, 114 – 122. S.116 https://doi.org/10.12759/hsr.29.2004.1.114-122  

 

Elektronische Zeitschriften

 

Aus urheberrechtlicher Sicht bzw. unter den Bedingungen des Copyright Law ändert sich auch bei elektronischen Zeitschriften wenig. Die Verlage lassen sich alle Vervielfältigungs- und Verwertungsrechte übertragen und veröffentlichen im Gegenzug die Aufsätze in den jeweils aus Sicht der Forschenden möglichst prestigereichen Titeln. Die Innovation des Internets lag an einer anderen Stelle: War es für gedruckte Publikationen nahezu ausgeschlossen, nachhaltige alternative Infrastrukturen für Druck und Vertrieb zu betreiben, führte das digitale Publizieren und die Möglichkeit zur Verbreitung über das Internet zur erheblichen Absenkung dieser Hürden. Die Berliner Erklärung und auch Gerhard Schneider schlussfolgerten daraus, dass mit der Obsoleszenz des Papiers auch das traditionelle Publikationssystem an Bedeutung verlieren könnte. Eine andere, weniger marktgeprägte Publikationswelt schien möglich. Die sich seit den 1990er Jahren entwickelnde Preprint-Praxis lieferte Good-Practice-Vorbilder. Sie können aber, wie Gerhard Schneider betonte, Zeitschriften 2004 noch nicht ersetzen, da der Anspruch an das Qualitätssicherungsverfahren des Peer Review von diesen ebenso wenig eingelöst wird wie das Reputationsversprechen der etablierten Titelmarken, mit dem bereits neu gegründete elektronische Titel zu diesem Zeitpunkt noch nicht konkurrieren konnten. 

 

Die Berliner Erklärung

 

Umso bedeutender wird also für Open Access im Sinne der zum Publikationszeitpunkt des Aufsatzes noch sehr neuen Berliner Erklärung argumentiert. Dabei liegt die Stellschraube für Gerhard Schneider nicht darin, die etablierten Verlage zu umgehen. Sondern darin, die Spielregeln zu verändern. Er stellt in diesem Zusammenhang die Inspiration durch freie Softwarelizenzen heraus, ein Bezug, der in der Historiographie des Open Access mitunter ein wenig im Schatten bleibt:

“Ähnlich wie im Bereich der Software die GNU Public Licence eine Alternative zu kommerzieller Software darstellt, kann und muss auch die Wissenschaft ihre Erkenntnisse so veröffentlichen, dass sie ohne Einschränkungen der Allgemeinheit langfristig zur Verfügung stehen und jeder Interessierte die Ergebnisse nutzen kann.”

Schneider, Gerhard: Open Access als Prinzip wissenschaftlicher Publikation. Open Access als Prinzip wissenschaftlicher Publikation. Historical Social Research, Vol. 29 — 2004 — No. 1, 114 – 122. S.121 https://doi.org/10.12759/hsr.29.2004.1.114-122  

 

Für wissenschaftliche Texte wäre diese Lizenzierung naturgemäß in etwas anderer Form zu operationalisieren. Statt der Übertragung eines unbeschränkten Verwertungsrechts an die Verlage sollten diese nur ein zeitlich begrenztes Verwertungsrecht erhalten. Parallel sollten die Publikationen auf einem Archivserver hinterlegt werden, “die Möglichkeit zur Zugriffssperre während der Laufzeit des Verwertungsrechts bietet.” Mit dem Ablauf würden die Publikationen dann zugänglich. 

 

Diese Vorstellung wurde mit dem Zweitveröffentlichungsrecht nach § 38 Absatz 4 des Urheberrechtsgesetztes gut zehn Jahre später, zum 01.01.2014 partiell eingelöst. Zumindest für Publikationen die zu mindestens 50% mit öffentlichen Mitteln finanziert wurden, also de facto sämtliche an staatlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie mit öffentlichen Mitteln geförderten Projektpublikationen, ist eine Open Access-Veröffentlichung nach zwölf Monaten möglich. Dies gilt selbst dann, wenn der Verlagsvertrag dies ausschließt. 

 

Nur teilweise eingelöst wurde dagegen der Workflow, für den Gerhard Schneider nicht unerwartet die Rechenzentren und Repositorien als Open-Access-Archive in einer tragenden Rolle sah. Ein Standardmodus, der automatisch jede dieser Publikationen von Erscheinen an erst für zwölf Monate unzugänglich und danach automatisch offen verfügbar langzeitarchiviert, war vermutlich zu ambitioniert gedacht. Er hätte aber geholfen, vielen Folgeherausforderungen vorzubeugen. Am Sichtbarsten dürfte in diesem Fall sein, dass auch 2022 in den Hochschulbibliotheken Open-Access-Verantwortliche viel Zeit darin investieren müssen, ihre Publizierenden zur Wahrnehmung des Zweitveröffentlichungsrechtes über das Hochschulrepositorium zu motivieren.

 

Es zeigt sich, dass die Erwartungen dieser ersten Jahre nach der Berliner Erklärung zwar in technischer und auch in rechtlicher Art theoretisch erfüllt sind. Praktisch bleibt aber das Desiderat eines Kulturwandels in Richtung einer grundsätzlichen Verankerung von Repositorien auf Augenhöhe mit den Verlagen. Die sicherten sich im Gegenzug nicht nur dadurch ab, dass sie gebührenfinanziertes Open Access zu einem Geschäftsmodell entwickelten, das nicht weniger lukrativ als das der Subskriptionen ist. Indes behielten die Verlage durch ihre eigene Auslegung von Open Access auch die Kontrolle über einen großen Teil der Inhalte. Denn diese werden nicht über öffentliche Repositorien sondern über Verlagsserver und damit auch zu den Bedingungen der Verlage vorgehalten. Open Access im Sinne der Berliner Erklärung ist damit nur zu einem Teil eingelöst. Zwei Aspekte des Open Access jenseits des Abrufzugangs bleiben nach wie vor auch 2022 noch häufig ein Desiderat: einerseits die unbegrenzte Nutzung, Kopie, Weitergabe sowie Be- und Verarbeitung, wie sie sich in der CC-BY-Lizenz abbildet und andererseits die gewünschte Archivierung

 

“in einem Online-Archiv [...] (und damit veröffentlicht), das geeignete technische Standards (wie die Open Archive-Regeln) verwendet und das von einer wissenschaftlichen Einrichtung, einer wissenschaftlichen Gesellschaft, einer öffentlichen Institution oder einer anderen etablierten Organisation in dem Bestreben betrieben und gepflegt wird, den offenen Zugang, die uneingeschränkte Verbreitung, die Interoperabilität und die langfristige Archivierung zu ermöglichen.”

Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen. Stand 22. Oktober 2003. https://openaccess.mpg.de/68053/Berliner_Erklaerung_dt_Version_07-2006.pdf

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Publié
Auteur Ben Kaden

Bild-Textmarke Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg

Seit einigen Wochen ergänzt Heike Stadler das Team der Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg. Wir freuen uns sehr darüber und möchten ihr unbedingt auch noch einmal an dieser Stelle die Gelegenheit geben, kurz ihre Perspektiven auf das Thema Open Access zu teilen.

Porträtaufnahme Heike Stadler

Wie bist Du zum Thema Open Access gekommen und warum ist Open Access so wichtig?

Das Thema Open Access begleitet mich beruflich seit gut achtzehn Jahren. Angefangen hat alles mit meiner Tätigkeit im Universitätsverlag Potsdam. Mit dem Wechsel in die Abteilung Abonnements der Universitätsbibliothek Potsdam waren mir Prozesse des elektronischen Publizierens vertraut und ich erhielt erste Einblicke in die Lizenzierung von elektronischen Medien. Die Verzahnung zwischen Erwerbungs- und Publikationsprozessen war mir immer wichtig. Mit der Open Access-Komponenten in National- und Allianzlizenzen rückte die Zweitveröffentlichung von wissenschaftlichen Artikeln der eigenen Einrichtung in den Fokus. Mit der Einführung des Publikationsfonds an der UB Potsdam kam das Thema Gold Open Access und APC-Verwaltung in den Bibliotheksalltag. Dass sich bibliothekarische Aufgaben auch in der Erwerbung langfristig verändern werden, wurde immer deutlicher. Den Transformationsprozess in der Praxis zu begleiten, bleibt daher aus mehreren Perspektiven spannend.

Open Access ist wichtig, weil es weltweit und ohne jegliche Barrieren den Zugriff auf aktuelle Forschungsergebnisse ermöglicht. Nur durch den Austausch über die Grenzen hinweg können schneller neue Erkenntnisse gewonnen und darüber Ergebnisse erzielt werden.

Welche Aufgabe wirst Du für die Vernetzungs- und Kompetenzstelle übernehmen?

Zusammen mit Jana Rumler darf ich mich für das Arbeitspaket zum Open Access-Monitoring verantwortlich fühlen.

Was monitort man beim Open Access-Monitoring?

Ganz klassisch würde man zunächst vermuten, dass es sich vorrangig um das Monitoring des Publikationsaufkommens und der Publikationskosten der acht brandenburgischen Hochschulen geht, wobei natürlich der Output einer Einrichtung in der entsprechenden Hochschule selbst ermittelt wird. Wir verfolgen das Ziel eines sogenannten mehrschichtigen Open Access-Monitorings, d.h. hier müssen u.a. Minderstandards formuliert werden, um auf Länderebene ein Monitoring durchzuführen. 

Wir möchten aber auch die Open Access Strategie selbst monitoren, d.h. wir schauen, welche Kennzahlen dafür erhoben werden können.

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Auteur Sophie Kobialka

Im Juni 2022 veröffentlichte das Projekt open-access.network eine erste Broschüre zum Open Access Atlas Deutschland. Die Datensammlungen für den OA-Atlas zum Status Quo (2021/2022) der Open-Access-Aktivitäten auf Bundes- und Länderebene sowie der Ebene wissenschaftlicher Einrichtungen in Deutschland werden vom Open-Access-Büro Berlin, als Verbundspartnerin im Projekt, durchgeführt.

In der nun veröffentlichten Broschüre wird die Ebene der Bundesländer in Form von Länderdossiers betrachtet. Sie bilden den aktuellen Stand, Maßnahmen und Entwicklungen zu Open Access im jeweiligen Bundesland ab. Das Projekt open-access.network startete 2019 und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

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Publié
Auteur Sophie Kobialka

Dieser Newsletter wird gemeinsam von der Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg und dem Open-Access-Büro Berlin erstellt. Wir wünschen viel Freude beim Lesen.

Aus der Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg

Unterstützung im Team der VuK. Im Januar 2022 startete Sophie Kobialka als studentische Hilfskraft in der Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg (VuK) und unterstützt seitdem das Team hauptsächlich im AP5. Bis März war sie auch Teil des Teams des Open-Access-Büro Berlins. Seit Mai 2022 ist Heike Stadler ebenfalls für die VuK, zusammen mit Jana Rumler im AP4, tätig. Sie bringt ihre langjährige Erfahrung im Bereich Open Access, vorrangig in der Verwaltung von Publikationsfonds, APC-Verwaltung und Monitoring, mit. Heike Stadler begleitete außerdem den Prozess der Open-Access-Strategie des Landes Brandenburg und war beim ersten Booksprint dabei, der aus dem Open-Access-Publikationsfonds für Monografien des Landes Brandenburg gefördert wurde.
1 Jahr Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg. Die VuK konnte am 1. April 2022 ihr erstes Jubiläum feiern. Sie ist mittlerweile "die Adresse" für Open Access im Land Brandenburg und resultiert aus dessen OA-Strategie, die im Sommer 2019 veröffentlicht wurde. Der Weg der VuK und ihre konkreten Aufgaben zur Unterstützung der Open-Access-Transformation sind hier veranschaulicht dargestellt.
1 Jahr Förderung von #OABooks. Auch der Open-Access-Publikationsfonds für Monografien des Landes Brandenburg fördert nun schon seit einem Jahr Publikationen im Open Access. Zu diesem Anlass lud die VuK am 18. Mai zu einer Veranstaltung ein, bei der unter anderem mehrere geförderte Publikationen vorgestellt wurden und die Beteiligten über ihre Erfahrungen mit dem OA-Publikationsfonds berichteten. Mittlerweile konnten 11 Anträge aus 6 Hochschulen bewilligt werden wovon 3 bisher erschienen sind (Stand: Juni 2022). Die mittlere Förderhöhe beträgt 5.271 Euro. Eine Rückschau der Veranstaltung kann hier nachgelesen werden.
Erster geförderter Booksprint. Durch den Publikationsfonds konnte im April 2022 auch der Booksprint für das "Handbuch IT in Bibliotheken" gefördert werden.
OA Monitoring. Die Open-Access-Strategie des Landes Brandenburg positioniert sich ausdrücklich zum Monitoring der Open-Access-Transformation. Neben dem Aufkommen von OA-Publikationen (Publikationsmonitoring), zunächst mit dem Zuschnitt auf die acht vom MWFK-geförderten Hochschulen des Landes Brandenburg, soll zugleich berücksichtigt werden, wie sich die Entwicklung im Zusammenhang mit den anderen in der Strategie beschriebenen Maßnahmen vollzieht (Strategiemonitoring). Weitere Maßnahmen im Bereich Open Access und perspektivisch auch im Gesamtkomplex Open Science / Open Research sollen erfasst werden. Aktuell befindet sich eine Webseite zum OA-Monitoring in Brandenburg im Aufbau.
Open Access Smalltalks. Die VuK lädt auch dieses Jahr wieder regelmäßig zum "Open Access Smalltalk" ein. Das Format richtet sich an alle Interessierte, die sich über Open Access, vor allem in Brandenburg, austauschen möchten. Ein besonderer digitaler Ort für den 22. OA Smalltalk im April war das OA Barcamp vom Projekt open-access.network. Im Fokus standen niedrigschwellige Austauschformate und wie man durch diese die eigenen Zielgruppen besser gut erreichen kann. Angekündigt werden die #OASmalltalks über die Webseite der VuK und auf Twitter.
Schulungen zu Open Access. Die VuK veranstaltet dieses Jahr mehrere Schulungen rund um Open Access. Bisher wurden das DINI-Zertifikat sowie Verlagsworkflows und OA thematisiert. Als nächstes wird Fabian Rack von iRights.lawam  28. Juni zu Creative-Commons-Lizenzen vortragen. Weitere Informationen finden sich ebenfalls auf der Webseite der VuK.
Community Workshop Open Access und das Hochschulgesetz des Landes Brandenburg. Am 8. Juni 2022 führte die VuK einen Community Workshop zu Anforderungen an das sich in Überarbeitung befindliche Hochschulgesetz des Landes Brandenburgs durch. Als besonders relevante Handlungsfelder wurden die Bewertung wissenschaftlicher Leistung, insbesondere bei Einstellungsverfahren, die Rolle von Hochschulbibliotheken im Kontext des wissenschaftlichen Publizierens sowie generell die Stärkung von Open Access und Publikationsdiversität in der Wissenschaft bestimmt. Die Ergebnisse des Workshops wurden an das MWFK übermittelt.
OATP. Die VuK nimmt am von Peter Suber 2009 initiierten Open Access Tracking Project (OATP) teil. Eine Beschreibung dessen und wie sich die VuK einbringt hat Philipp Falkenburg in einem Beitrag festgehalten.
Vorstellung beim Museumsverband Brandenburg. Am 24. und 25. April 2022 tagte im Ofen- und Keramikmuseum / Hedwig Bollhagen Museum Velten der Museumsverband Brandenburg unter der Überschrift „Offene Sammlungen für eine offene Gesellschaft“. Zum Programm gehörte unter anderem eine Diskussion zum Entwurf der Open-Access-Leitlinien des Verbandes. Ben Kaden stellte in einem Input-Vortrag die Möglichkeiten von Open Access und Openness allgemein für die Zugänglichmachung von Kulturerbe und Museumsbeständen heraus und erläuterte anhand der Diskussionen um die Museums-Definition des International Council of Museums (ICOM), warum Museen grundsätzlich als “Open Museums” gedacht werden sollten.

Aus dem Open-Access-Büro Berlin

Berlin Open GLAM. Am 26. April fand der Workshop "Berlin Open GLAM: Open-Access-Praktiken in Berlins Kulturerbeeinrichtungen" statt. Der Online-Workshop brachte Vertreter*innen von Berliner Kulturerbeeinrichtungen und Professionals aus dem überregionalen Open GLAM-Bereich zusammen. In Kooperation mit dem Forschungs- und Kompetenzzentrum Digitalisierung Berlin (digiS) wurden die Ergebnisse einer Interviewstudie im Rahmen des von der Berlin University Alliance (BUA) geförderten Projektes „Berlin Open Research and Culture (2020-2022)“ vorgestellt und diskutiert. Ausgewählte Berliner Kulturerbeeinrichtungen wurden dafür zu ihren Open-Access-Praktiken befragt. Der Bericht "Open Research and Culture: Interviews mit Berliner Kulturerbeeinrichtungen" ist auf Zenodo veröffentlicht und der Bericht zum Workshop "Berlin Open GLAM: Quo Vadis Landesinitiative?" ist im Open Access Blog Berlin nachzulesen.

Rückschau und Ausblick: Berlin-Brandenburg

#OAWeekBBB. Zwischen November 2021 und März 2022 veranstalteten die Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg und das Open-Access-Büro Berlin zusammen mit der TH Wildau die Reihe: Quo vadis offene Wissenschaft? Eine virtuelle Open Access Woche für Berlin-Brandenburg. Alle Berichte vom OABB zu den 5 Veranstaltungen können hier nachgelesen werden. Auch die VuK hat über die Veranstaltungen berichtet. Zudem sind alle Veranstaltungen unter freier Lizenz auf dem AV Portal als Videoaufzeichnung veröffentlicht.

Weitere anstehende Termine:

Aus den Einrichtungen

Brandenburg

Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde

OA Policy der HNEE. Nachdem von der HNEE im Dezember 2021 die Berliner Erklärung unterzeichnet wurde, verabschiedete sie nun am 5. Mai 2022 auch eine Open Access Policy. Diese ist hier abrufbar und nachzulesen

BTU Cottbus-Senftenberg

OA-Publikationsfonds der BTU. Die BTU Cottbus-Senftenberg hat für das Jahr 2022 einen Publikationsfonds für Open-Access-Publikationen eingerichtet. Die kooperative Maßnahme des Referats Forschung und der Universitätsbibliothek zielt darauf ab, die Publikationstätigkeit an der BTU zu steigern und dabei insbesondere die Transformation zu offenen Publikationsmodellen zu unterstützen. Konkret besteht die Förderung in der nachträglichen Übernahme von Open-Access-Publikationsgebühren in Gold-Open-Access-Zeitschriften bis zu einem Betrag von maximal 1.500 Euro. Seit Anfang des Jahres konnten bereits einige Publikationen gefördert werden und weitere Anträge können bis zum 30. September 2022 noch gestellt werden. Weitere Informationen dazu finden sich auf der Webseite der Universitätsbibliothek.

Berlin

Charité-Universitätsmedizin Berlin

Open-Access-Gebühren für Artikel. Im Jahr 2022 finanziert die Medizinische Bibliothek über den Open-Access-Publikationsfonds wieder umfassender Open-Access-Gebühren für Artikel förderfähiger Zeitschriften. Die Fördervoraussetzungen sind auf der Website der Medizinischen Bibliothek ausführlich beschrieben.
Predatory Publishing Journals. Im März 2022 wurde der Bericht der InterAcademy Partnership (IAP) "Combatting Predatory Academic Journals and Conferences" veröffentlicht. Darin wird eine überarbeitete Definition von predatory journals (sogenannten Raubjournalen) vorgestellt. Anstatt einer starren Beschreibung eines Raubjournals, zeigt die neue Definition, dass es ein Spektrum an unethischen Verhaltensweisen und Praktiken gibt. Die Palette reicht von Zeitschriften minderer Qualität, über Zeitschriften mit fragwürdigen bis hin zu wirklich betrügerischen Methoden (vgl. Seite 32 des Reports). Generell sind dies Praktiken, die Eigeninteressen auf Kosten der Wissenschaft in den Vordergrund zu stellen. Diese neue Definition hilft in der Autor*innenberatung, die Komplexität von räuberischen Verhaltensweisen zu verdeutlichen und ermöglicht eine differenziertere Einordnung von Zeitschriften. Die Medizinische Bibliothek der Charité möchte das Bewusstsein Charité-affiliierter Autor*innen für predatory publishing schärfen und Wege aufzeigen, wie unseriöse Zeitschriften erkannt werden. Daher wurden ab Mai 2022 regelmäßig Veranstaltungen zu diesem Thema durchgeführt, in der auf das breite Spektrum an unethischen Praktiken hingewiesen wird. 
Am 30. Mai fand der Lightning Talk von Prof. Dr. med. Frank Heinzel “Submit.Panic.Withdraw – An author’s experience of a predatory publisher” statt, in dem er über seine Erfahrungen mit der Einreichung bei einer räuberischen Zeitschrift berichtete. Ein ausführlicher, interaktiver Workshop mit dem Titel "Caution, Rip-Off! How to recognize and avoid predatory journals” konnte am 13. Juni besucht werden.

Freie Universität Berlin

Berlin Universities Publishing (BerlinUP). Die Berlin University Alliance fördert den Aufbau des Open-Access-Verlages Berlin Universities Publishing (BerlinUP), getragen von den Bibliotheken der vier BUA-Einrichtungen. Der Wissenschaftliche Beirat hatte bereits seine konstituierende Sitzung und demnächst wird die Webseite von BerlinUP freigeschaltet: https://www.berlin-universities-publishing.de/ .
Freie Universität Berlin unterstützt Pilotphase des Projekts KOALA. Mit dem BMBF-geförderten Projekt KOALAsollen konsortiale Open-Access-Lösungen aufgebaut werden: Ziel ist die gemeinschaftliche und faire Finanzierung von OA-Zeitschriften und -Buchreihen, ohne dass Kosten für Autor*innen entstehen. Die FU Berlin unterstützt in der noch bis zum 15. September 2022 laufenden ersten Pledgingrunde das Bündel Sozialwissenschaften für den Finanzierungszeitraum 2023-25. In dem Bündel sind unter anderem die beiden Zeitschriften Open Gender Journal und Forum Qualitative Sozialforschung enthalten, deren Redaktionen die über den Hosting-Service der FU zur Verfügung gestellte Publikationsplattform Open Journal Systems nutzen.
Finanzierung von Open-Access-Publikationsgebühren an der Freien Universität Berlin. Die Universitätsbibliothek der FU Berlin hat für den Förderzeitraum 2023-27 für die zentrale Finanzierung von Article Processing Charges und Book Processing Charges einen Antrag im DFG-Förderprogramm "Open-Access-Publikationskosten" eingereicht. Mit der Antragstellung verbunden war eine enge Vernetzung verschiedener FU-Akteur*innen und Stakeholder, die gemeinsam an der einrichtungsweiten Umsetzung eines transparenten Kostenmonitorings arbeiten. Die Entscheidung der DFG wird für das vierte Quartal 2022 erwartet.
Freie Universität Berlin veröffentlicht Publikationsgebühren für OA-Zeitschriftenartikel und -Monografien. Für das Jahr 2021 hat die FU Berlin die zentralen Kostendaten für OA-Zeitschriftenartikel und -Bücher an OpenAPC gemeldet. Damit sind die im Zeitraum 2014-21 über den Publikationsfonds der Universitätsbibliothek finanzierten Open-Access-Publikationsgebühren unter freier Lizenz veröffentlicht und nachnutzbar.
Veranstaltungsreihe zu Open Educational Practices. Am 22. Juni 2022 startet die Veranstaltungsreihe Open Educational Practices - Offenheit und zeitgemäße Hochschulbildung mit dem Workshop Einführung in Open Educational Ressources - eigene Bildungsressourcen nutzen und erstellen. Interessierte sind herzlich eingeladen, sich mit Ihrer Sicht auf das Thema OEP in die Diskussionen einzubringen oder auch eine eigene Bildungsressource in Rahmen des OER-Workshops mit einer offenen Lizenz zu versehen.

Humboldt-Universität zu Berlin

Mitgliedschaft bei Ergo. An open access journal of philosophy. Im Sinne der Förderung wissenschaftseigener Publikationsinfrastrukturen und angesichts der langen Tradition der Philosophie als Fach und Institut an der Humboldt-Universität zu Berlin unterstützt die Universitätsbibliothek seit diesem Jahr die Diamond-Open-Access-Zeitschrift Ergo : an open access journal of philosophy. die HU Berlin ist damit die erste Einrichtung aus dem deutschsprachigen Raum, die eine Mitgliedschaft bei dieser auch im DOAJ gelisteten Zeitschrift eingegangen ist. Im Dialog mit den Herausgebenden der Zeitschrift wurde zudem vereinbart, dass die Standardlizenz von CC BY-NC-ND auf CC BY geändert wird.
Neuer Transformationsvertrag mit John Benjamins. Die HU Berlin hat einen neuen Read&Publish-Vertrag mit John Benjamins abgeschlossen. Dieser gilt ab sofort bis Ende des Jahres 2024. Durch den neuen Dreijahresvertrag haben Wissenschaftler:innen der HU nunmehr Zugriff auf das gesamte Portfolio des Verlags und können in allen Zeitschriften ohne weitere Kosten Open Access publizieren.
Kostentransparenz an der Humboldt-Universität zu Berlin. Die HU Berlin hat für das Jahr 2021 erneut Kostendaten für Zeitschriftenartikel an OpenAPC gemeldet. In diesen Daten sind v.a. Publikationen und Kosten enthalten, die im Rahmen des stark nachgefragten Open-Access-Publikationsfonds für Zeitschriftenartikel sowie im Rahmen anderer Vereinbarungen gefördert wurden.
Open Access E-Books aus dem Bereich Erziehungswissenschaft, Bildungsforschung und Fachdidaktik durch Crowdfunding. Die Universitätsbibliothek der HU Berlin ist seit 2015 Partnerin des Fachinformationsdiensts (FID) Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung. Der FID unterstützt die Open-Access-Transformation und möchte durch Crowdfunding Bibliotheken für die Realisierung von Open Access E-Book-Paketen aus dem Bereich Erziehungswissenschaft, Bildungsforschung und Fachdidaktik gewinnen. In zwei Runden ist mit finanzieller Beteiligung des FID eine Teilnahme von Bibliotheken und Wissenschaftsorganisationen möglich. Weitere Informationen: https://www.fachportal-paedagogik.de/literatur/produkte/fachinformationsdienst/open-access-ebooks.html

Technische Universität Berlin

Die "TUmate" ist die Open-Source-Tomate der TU Berlin. Sie wurde am Fachgebiet Vegetationstechnik und Pflanzenverwendung entwickelt; die Arbeitsgruppe Angewandte Genetik der FU Berlin hatte Fläche für die Aufzucht zur Verfügung gestellt. Die Tomatensamen stehen unter einer Open-Source-Seeds-Lizenz, d.h. jede*r darf das Saatgut frei nutzen und weiterentwickeln; Weiterentwicklungen dürfen nicht durch Patente o.Ä. belegt werden. Details sowie ein Interview mit dem Leiter des Fachgebiets Prof. Norbert Kühn finden sich auf der TU-Webseite.
Kostentransparenz. In 2021 wurden 211 Artikel in echten Open-Access-Zeitschriften über den zentralen Publikationsfonds der TU Berlin finanziert; die Kosten (brutto) dafür beliefen sich auf 357.409,56 Euro (APC im Durchschnitt 1.693,88 Euro brutto). Die Kostendaten wurden im Mai an OpenAPC gemeldet (vgl. OpenAPC-Blogbeitrag). Zudem wurden Daten für den Publish-and-Read-Vertrag mit der Royal Society of Chemistry gemeldet (25 Artikel OA publiziert, Kosten pro Artikel im Durchschnitt  2.825,14 Euro.) Die UB verwaltet seit 2018 den TU-Publikationsfonds für OA-Bücher und meldet Kostendaten für OA-Bücher an OpenBPC. Im Mai 2022 wurden weitere Daten zu OA-Gesamtkosten für den Veröffentlichungszeitraum 2019–2021 gemeldet; die Werte entsprechen also nicht 1:1 den Ausgaben des zentralen Publikationsfonds für OA-Bücher. In 2021 wurden durch den zentralen Fonds OA-Kosten für Bücher in Höhe von 117.761,05 Euro finanziert.
Preprint-Reihe des Instituts für Mathematik. 1974 erschienen die ersten „Reports“ von Angehörigen des Instituts für Mathematik in der neu gegründeten Preprint-Reihe – damals noch in Papierform und seit 1996 online über eine eigene Datenbank des Instituts. Der Großteil der seit 1996 online erschienenen Beiträge ist nun langfristig und sicher über das TU-Repositorium DepositOnce archiviert. Im Dezember 2021 wurden über 500 Preprints aus der Institutseigenen Datenbank in DepositOnce importiert, im Mai 2022 folgten ca. 50 weitere. Damit sind über 90 Prozent der seit 1996 in der Reihe veröffentlichten Beitrage mit DOI in DepositOnce archiviert. Ein Blogbeitrag berichtet über Details.
Jahrbuch für Antisemitismusforschung. Das Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin gibt in Kooperation mit dem Metropol-Verlag das "Jahrbuch für Antisemitismusforschung" heraus. Der Verlag hat zugestimmt, dass die Jahrbücher ein Jahr nach Erscheinen Open Access auf dem institutionellen Repositorium zweitveröffentlicht werden können. Dies ist nun auch für Jahrgang 29 erfolgt – für den Gesamtband und für eine bessere Sichtbarkeit auch die einzelnen Beiträge. 
OA-Beratungstermine. TU-Angehörige können nun Beratungstermine zu den Themenbereichen Open AccessVeröffentlichung der Dissertation und Forschungsdatenmanagement direkt über die Webseite der Universitätsbibliothek buchen. 
Neuerscheinungen Universitätsverlag. Eine Übersicht über die Neuerscheinungen des Universitätsverlages der TU Berlin findet sich unter https://verlag.tu-berlin.de/neuerscheinungen/. Im Blog "Publizieren an der TU Berlin" werden neue Titel regelmäßig zusammengefasst präsentiert

Weitere Nachrichten

Open Science Policy der SPK. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz veröffentlichte am 7. Februar 2022 ihre Open-Science-Erklärung, die die bisherigen Open-Access-Leitlinien ersetzt.

OA BasicsOA KommunikationDFG-PosititionspapierOA TakeawaysSzientometrieAutres sciences socialesAllemand
Publié
Auteur Ben Kaden

Zu: „AG Publikationswesen“ des DFG-Präsidiums: Wissenschaftliches Publizieren als Grundlage und Gestaltungsfeld der Wissenschaftsbewertung. Herausforderungen und Handlungsfelder. Positionspapier. (PDF) Bonn: Deutsche Forschungsgemeinschaft, 2022.

Es gibt ein neues und sehr umfangreiches Positionspapier der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), das auch für unsere Zielgruppe zumindest auf der diskursiven Ebene relevant sein dürfte. Da wir wissen, dass nicht alle aus unserer Zielgruppe die Zeit für eine Lektüre finden werden, sollen an dieser Stelle als OA-Takeaways ein erster Eindruck und einige begleitende Überlegungen festgehalten werden.

Relevant ist das Papier vor allem, weil es einen Aspekt analysiert, den wir in der Open Access-Praxis regelmäßig wahrnehmen: Trotz mittlerweile vielfältiger Angebote für das Open Access-Publizieren erfolgt die konkrete Publikation häufig nach wie vor in Strukturen, die bestimmten Anforderungen der Wissenschaft sowie der ökonomischen Vernunft im Umgang mit öffentlichen Mitteln eher entgegenstehen. Auch die Open-Access-Strategie des Landes Brandenburg berücksichtigt diesen Aspekt und plädiert "mehr auf qualitative, denn quantitative Metriken" zu setzen. (S.14) Wieso halten sich die Publikationsformen, die mit Open Access transformiert werden soll, so dominant? Wieso publizieren viele Wissenschaftler*innen immer noch unter auch für sie selbst auf Publikationsebene eher nachteiligen Bedingungen? (Stichworte: Closed Access, Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte)

Die Wirkung des Impact Faktors

Eine Ursache liegt in der Rolle der quantifizierten Wissenschaftsmessung, wie sie am prominentesten im so genannten Journal Impact Factor (JIF) zum Ausdruck kommt. (Weitere Metriken wie der Hirsch-Index werden im Positionspapier auf Seite 24 erläutert.) Sie gilt an vielen Stellen als Maß für die Reputationsbestimmung. Dabei wird der Umfang dieser “Wirksamkeit” einer wissenschaftlichen Publikation anhand der Zahl von Zitierungen gemessen. Diese an sich sehr interessante bibliometrische und einst in weiten Bereichen der Wissenschaft, vorsichtig formuliert, skeptisch betrachtete Fragestellung entwickelte sich seit ihrer Einführung durch den Wissenschaftsdienstleister Institute for Scientific Information (ISI) in den 1960er Jahren erst langsam und seit den 1970er Jahren in großem Umfang und in sehr vielen Disziplinen zum Leitmaßstab der Beurteilung wissenschaftlichen Outputs.

Heute ist das Web of Science ein lukratives Geschäftsmodell, das lange Zeit das Publizieren von Subskriptionszeitschriften aus Sicht der Wissenschaftsverlage optimal ergänzte. Auch wenn die Faustregel “Je höher der gemessene Impact, desto teurer das Abo” nicht lückenlos griff, markierte sie doch eine sichtbare Tendenz. Mittlerweile erodieren die Subskriptionsmodelle und werden in vielen Fälle durch über Publikationsgebühren finanziertes Gold Open Access ersetzt. An der Relevanzzuschreibung der quantifizierten Wissenschaftsmessung änderte das wenig. Der Zeitschriftentitel als Marke funktioniert nach wie vor als leitend, wenn es um die Wahl des Publikationsorts geht. Damit eröffnet er eine Kapitalisierungsmöglichkeit ganz unabhängig davon, ob die Inhalte Closed oder Open Access sind. Entsprechend relevant ist der Komplex, den das Positionspapier als "Hoheit der Wissenschaft über ihre eigenen Daten sicherstellen" benennt (S.51).

Wissenschaftsmessung, Markenkultur und Qualitätsbeurteilung

Entscheidend ist dabei weniger die Bibliometrisierung selbst, auch wenn der Begründer des ISI und Erfinder des Web of Sciene, Eugene Garfield, lange intensive Lobby-Arbeit zu Etablierung seines Produkts betrieb. Die eigentliche Wirksamkeit ergibt sich aber vielmehr aus der Auslegung und Anwendung solcher Metriken zur Beurteilung (bzw. Messung) der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit von Hochschulen, Instituten und einzelnen Forschenden. Forschung muss, um in diesem Zusammenhang als qualitätsvoll anerkannt zu werden, nicht nur an sich publiziert sein, sondern auch in der richtigen, hochgerankten Zeitschrift erscheinen. Als Indikator gelten dabei Messzahlen, die sich zumindest aus der Sicht der in den Bereichen Bibliometrie und Szientometrie spezialisierten Bibliothekswissenschaft für eine derartige Nutzung nur eingeschränkt eignen, da sie zahlreiche weitere wissenschaftsrelevante Faktoren nicht berücksichtigen. Impact-Faktoren sind vor dem Hintergrund der Komplexität und Diversität von wissenschaftlicher Forschungspraxis bestenfalls grobe Orientierungspunkte, die sich besser für Aussagen über die Struktur des wissenschaftlichen Publikationswesens eignen als für die Bewertung der Forschung. Durch die vermeintliche Gleichsetzung von hohem Impact und hoher Qualität entsteht ein Attraktionseffekt. Entsprechend prominente Zeitschriften ziehen eine hohe Zahl von Manuskripten an, was wiederum zu hohen Ablehnungen führt. Besonders attraktive Titel filtern dabei, so die Annahme, besonders rigoros und qualitätsorientiert. Daraus entsteht die Überzeugung, dass in einem Aufsatz, der in einem hoch gerankten Journal erscheint, auch besonders hochwertige Forschung kommuniziert wird. Dieses Verständnis hat jedoch nicht nur die offensichtlichen blinden Flecken, sondern begünstigt nachweislich bereits prominente Publikationen. Man nennt dieses Phänomen auch Matthäus-Prinzip bzw. Matthew-Effect: "Wer hat, dem wird gegeben" bzw. "Rich get richer". Oder wie es Eugene Garfield, selbst davon überzeugt, formulierte: "A small group of journals account for more than 90 percent of significant research." (Eugene Garfield (1998): I Had a Dream … about Uncitedness. The Scientist 12[14]:10, July 06, 1998)

Impact und Karrieren

Der nächste Schritt ist eine Übertragung des bibliometrischen Popularitätsprinzips und seine Verkopplung von Mittelzuweisung und Karriereschritten. Genau genommen erfolgt dies in der Praxis nicht zwingend über die Metriken selbst. Oft beruft man sich der Einfachheit halber auf die Reputation, die Zeitschriften dank dieser Metriken für sich aufgebaut haben. Neue Open Access-Publikationen hatten daher gerade in der Gründungsphase zwei Hürden vor sich: Einerseits mussten sie für die tatsächliche wissenschaftliche Anerkennung zunächst überhaupt in den entsprechenden Auswertungsstrukturen, also zum Beispiel dem Web of Science, geführt werden. Denn was dort nicht erfasst ist, wird auch nicht gemessen. Andererseits hatten sie u. a. in Folge des benannten Matthäus-Prinzips einen Nachteil gegenüber Traditionsmedien, die 30 und mehr Jahre in diesen Indices ihre Titel- und  Markenreputation aufbauen konnten. Wer in der Wissenschaft Karriere machen wollte, hatte oft keine Wahl als sich in eingeführten Publikationsformen zu bewegen. Dies wirkt an vielen Stellen bis heute nach. Open Access galt lange als Experiment oder Notlösung und für die Grundierung klassischer Wissenschaftskarrieren eher schädlich. Unter anderem die Open-Access-Strategie des Landes Brandenburgs versucht diesen Effekt aufzufangen, wenn sie formuliert:

"Open-Access-Publikationen sollten bei der Evaluation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie bei Einstellungs- und Berufungsverfahren als ein zu berücksichtigendes Kriterium festgelegt werden." (dort, S. 14)

Euler, Ellen. (2019). Open-Access-Strategie des Landes Brandenburg (1.0). Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.2581783

Parallel wirken aufgrund der metrikbasierten Wissenschaftsbeurteilung zahlreiche Fehlanreize, die nahezu alle karrierestrategische Aspekte betonen: eine hohe Zahl von Publikationen in kurzer Zeit einerseits oder das lange Herauszögern einer Veröffentlichung durch die Fokussierung auf das Nadelöhr der Topzeitschriften andererseits, das so genannte "Slicing", also aufsplitten von Publikationseinheiten und redundante Veröffentlichungen, so genannte "Ehrenautorenschaften" und auf Seniorität statt tatsächliche Mitarbeit setzende Namensplatzierungen bei Mehrautor*innen. Diese und weitere Faktoren werden im Positionspapier auf den Seiten 38ff. erläutert.

Herausforderung Anreizsystem

Diese strategische "bibliometrische Output-Optimierung" ist in etwa der Hintergrund, vor dem die Autor*innen des Positionspapiers nachvollziehbar betonen, dass “die bibliometrisch gestützte Wissenschaftsbewertung” Anreize setzt, die vor allem im Interesse der Metriken und Verlage liegen, für die Wissenschaft selbst aber problematisch sein können. Metriken wie der JIF schienen praktisch und objektiv und je mehr sie genutzt wurden, desto selbstverständlich und unhinterfragt wurden sie weiter genutzt. Dass sich daraus Folgen ergeben, die nicht unbedingt im Sinne der Wissenschaft sind, zeigt sich beispielsweise bei der Freiheit der Wahl des Publikationsortes. Sie wird durch die faktisch ungleiche Anerkennung innerhalb des Funktionssystems Wissenschaft unterlaufen. Publikationsentscheidungen fallen in dieser Logik nicht primär inhaltlich sondern strategisch. Man kann überall publizieren. Aber für eine Karriere sind bestimmte Zeitschriftentitel ein Booster, andere ein Benchmark und wieder andere ein Klotz am Bein.

Freier Zugang und Open Access

Zugleich waren die besonders Impact-starken Journals nicht nur als Publikationsort relevant. Durch ihr Versprechen, die relevanteste und hochwertigste Forschung abzubilden, wurde sie auch für Kenntnisnahme bzw. Zitierbarkeit unverzichtbar. Wissenschaftliche Bibliotheken mussten diese Titel im Bestand haben, um ihren Nutzenden die Möglichkeit der Rezeption und damit der potentiellen zitierenden Teilhabe an der Spitzenforschung zu gewährleisten. Da die entsprechenden Inhalte nur über die jeweils eine Quelle rezipierbar waren, kontrollierten die Verlage nicht nur den entsprechenden Kommunikationsfluss. Sie konnten zugleich für ihr Produkt, also die jeweilige Zeitschrift nahezu beliebige Preise festlegen, was bekanntlich zur so genannten Zeitschriftenkrise führte. Viele Titel wurden schließlich so teuer, dass sie nur noch für finanzstarke Einrichtungen finanzierbar waren. Der freie Zugang, also Open Access, versprach, dieses Zugangsproblem zu lösen.

Für Open Access sprach also in diesem Zusammenhang der wissenschaftsintrinsische Bedarf des Zugangs. Im Positionspapier kehrt dieser Aspekt erwartungsgemäß ebenfalls als zentrales Element auf. Das ist an sich nachvollziehbar und wird oft als neue Entwicklung gesehen. Praktisch war das Problem jedoch einfach nur lange implizit ausgelagert. Für Wissenschaftler*innen, zumindest in westlichen Forschungskontexten, war der Zugang in gewisser Weise bereits vorher solange frei, wie ihre Bibliotheken ihnen die Publikationen bereitstellten. Für sie bestand an dieser Stelle kaum Transformationsdruck. Die bibliothekarische Erfahrung zeigte regelmäßig, wie wenig die teils horrenden Subskriptionskosten vielen Forschenden gar nicht bewusst waren. Das Problem wurde während der Zeitschriftenkrise so lange in die Erwerbungsmittel der Bibliotheken “geblackboxt”, bis diese schließlich keine Wahl mehr hatten, Titel abbestellten und damit auch diesen vermeintlich freien Zugang kappten.

Zitierbarkeit und andere Anforderungen des wissenschaftlichen Publizierens

Die neben dem Zugang im Positionspapier genannten Funktionen des wissenschaftlichen Publizierens - Bekanntmachung, Qualitätsprüfung, Dokumentation wissenschaftlicher Erkenntnis - folgen in Open Access-Diskussionen oft erst an zweiter Stelle, sind aber nicht minder relevant. Zwei von ihnen lassen sich unmittelbar an die Frage des "High Impact" als Kriterium zurückbinden. Denn für die hochgerankten Journals wird bekanntlich unterstellt, dass sie sich aufgrund ihrer Popularität besonders gut für die Bekanntmachung eignen und dass ihr Auswahlverfahren und damit die auf Peer Review basierende Qualitätsprüfung notwendig besonders rigoros sein muss.

Neben diesen Gesichtspunkten und begleitend zum Zugang wäre noch ein weiterer Aspekt zu betonen: die tatsächliche Rezeption und die wissenschaftsdiskursive Nachnutzung per Zitat. Denn hier spannt sich der Bogen zu den Impact-Faktor gesetzten Anreizen. Zu den Binsen der Bibliothekswissenschaft zählt auch, dass Publizierende in den meisten Fällen lieber zitiert als gelesen werden. Die beschriebene Struktur der Relevanzzuschreibung per Zitationszählung hat durchaus eine tiefliegendes Fundament. Reputation ist ein Effekt explizierter sozialer Anerkennung. Die Zitation ist in der Wissenschaft ein hocheffektives Mittel, diese Anerkennung zu signalisieren. Zugleich ist sie obligatorisch: Wer nicht, oder nicht richtig zitiert, verstößt gegen die Regeln wissenschaftlicher Kommunikation. Nicht zitiert zu werden ist in vielen Bereichen ein ernüchterndes Signal. Das Phänomen der Uncitedness ist aus guten Gründen ein Forschungsfeld der Szientometrie. (vgl. z.B. Jeppe Nicolaisen, Tove Faber Frandsen (2019): Zero impact: a large-scale study of uncitedness. In: Scientometrics 119, 1227–1254. DOI: 10.1007/s11192-019-03064-5)

Die Zitierbarkeit ist, ob man will oder nicht, die zentrale Anforderung des wissenschaftlichen Publizierens und der wissenschaftlichen Kommunikation. Das Zitat expliziert nicht nur die Kenntnisnahme, sondern drückt auch eine Re-Kontextualisierung einer Forschungsaussage aus. Es ist das simpelste, messbarste und sichtbarste Relevanzanzeichen. Das wird sich vermutlich auch nicht ändern, wenn irgendwann andere Elemente als die Faktoren des Web of Science bei Berufungen ins Gewicht fallen. Die so genannten Altmetrics, zum Beispiel, messen sehr ähnlich, nur weniger präzise, Spuren der Kenntnisnahme eines wissenschaftlichen Inhalts. Entsprechend wirkt dies auf einen funktionalen Aspekt wissenschaftlicher Informationsstrukturen zurück: Die Publikationseinheit, also zum Beispiel ein Aufsatz, muss zum Zwecke der Zitatierbarkeit dauerhaft eindeutig identifizierbar und langfristig auffindbar bleiben. Identifier mit dem Quasi-Standard DOI erfüllen genau diesen Zweck. 

Eine nächste Entwicklungsstufe und eine lange große Herausforderung für die Zitationsindices war die eindeutige Identifizierung der Autor*innen. Dies wird mittlerweile über so genannte ORCIDs ebenfalls technisch formalisiert abgesichert. Die Zuschreibung ist dabei nicht nur aus Gründen der Urheberschaft und dem damit verbundenen möglichen Reputationsgewinn geboten. Sondern auch wissenschaftsethisch im Sinne einer Verantwortlichkeit für die publizierten Inhalte. Auch diese Anforderung bleibt in einer Reputationskultur jenseits des JIF bestehen.

Die Komplexität jenseits des JIF

Die Frage nach alternativen Ansätzen der Reputationszuschreibungen ist das eigentliche Anliegen des Positionspapiers.. Es sieht auf der Bewertungsebene von Wissenschaft nachvollziehbar grundsätzlichen Nachbesserungsbedarf. Die Herausforderung bleibt aber, einen funktionierenden alternativen Ansatz nicht nur zu entwerfen, sondern auch mit einer hohen Akzeptanz in den Wissenschaftscommunities zu verankern. Statt Metriken sollten, so das Papier, “ein breites Spektrum wissenschaftlicher Produktivität” (S.3) und vor allem eine Orientierung auf die konkrete inhaltliche Güte zum Einsatz kommen. Das klingt gut, blendet aber etwas aus. Die Impact- bzw. Markenorientierung erfüllt ja nicht nur die Rolle eines überdehnten Prinzips zum Reputationsaufbau. Sondern sie dient auch auch der Komplexitätskontrolle. Wo ein überschaubare Zahl von Publikationen potentiell relevante Beiträge enthält, helfen ein eingeführter Titel und das Wissen, dass dieser als wichtig gilt, zu entscheiden, worauf man die Aufmerksamkeit lenkt. Man entdeckt vielleicht nicht die überraschende neue These. Aber man ist zu allem gebrieft, wozu gemeinhin in der Fachkultur auskunftsfähig sein sollte, wenn die Frage nach dem Forschungsstand kommt. Man geht, wie man so schön sagt, auf Nummer sicher. 

Das zeigt sich nicht nur bei der Rezeption, sondern überall dort, wo Entscheidungen zu treffen sind. Metriken sind bekanntlich nicht nur in der Wissenschaft deshalb so erfolgreich, weil sie ein vermeintlich eindeutiges und objektives Beurteilungsverfahren anbieten. Social Media-Plattformen legen ihre Quantifizierungsschemata unter ihre Algorithmen und das Matthäus-Prinzip zeigt sich bei auf jedem Influencer*innen-Account. Es zeigt sich aber auch in den Direktionszimmern und Ausstattungen vieler Forschungseinrichtungen. Entsprechend schwenkt der Reputationsdiskurs an dieser Stelle auch in einen Machtdiskurs und zur Frage nach der Steuerungsmacht. 

Die Liste der Eigenschaften einer wissenschaftsadäquaten Publikationsform (S. 57f.) bietet dafür nur geringfügig und mittelbar Lösungsansätze. Aber sie ist dennoch eine empfehlenswerte Handreichung, da sie eine Art Grundübersicht der Kriterien zur formalen Qualitätssicherung wissenschaftlicher Publikationen bietet.

Und auch der Vorschlag zur Bewältigung des Mengen- und Relevanzproblems bleibt sehr im Allgemeinen verhaftet:

"[Die Zielgruppen] müssen [...] in die Lage versetzt werden, diese schon zu Beginn in adäquater Weise zu suchen, zu finden und nach inhaltlichen Kriterien zu selektieren. Dafür benötigt die Seite der Rezipientinnen und Rezipienten einen möglichst unabhängigen, nach klaren Regeln und Algorithmen individualisierbaren und zugleich möglichst vollständigen Überblick über alle für sie relevanten Quellen. Sie benötigt für die Vielfalt der existierenden Publikationsformate einen komfortablen und – je nach fachlichen Gepflogenheiten – möglichst gleichartigen Zugang mit transparent nachvollziehbarer Vorselektion." (Seite 60)

Das Zitat beschreibt einerseits eine Anforderung an jedes Knowledge Discovery System und andererseits auch ein zentrales Forschungsfeld, dass die Bibliothekswissenschaft und vor ihr noch mehr die Dokumentationswissenschaft seit nunmehr 100 Jahren umtreibt. Es entspricht in etwa einer aktualisierten Fassung des Anspruchs der Five Laws of Library Science, die S.R. Ranganathan 1931 vorlegte, Die Herausforderung liegt nicht in der Einsicht in die Notwendigkeit sondern in der tatsächlichen Realisierbarkeit. Das Filtern nach Relevanz, wenn auch nicht unbedingt transparent, ist ja durchaus auch das Geschäftsmodell von Web of Science oder Scopus. Wer die Dienste regelmäßig nutzt, kennt auch die Grenzen bereits auf dieser funktionalen Ebene. Dass sich, wie das Papier andeutet, ausgerechnet aus dem DFG-Programm „Infrastrukturen für wissenschaftliches Publizieren" Lösungen ergeben, die dem formulierten Anspruch annähernd gerecht werden, wäre wünschenswert, scheint aber eher nicht erwartbar.

Die “Adressatenorientierung” erweist sich Open Access noch aus einem anderen Grund als Herausforderung. Denn in der Begründungslogik von Open Access ist die Zielgruppe bewusst abstrakt als “Allgemeinheit” gesetzt. Diese angemessen zu erreichen kann aber nur gelingen, wenn man eine Zwischeninstanz der Wissenschaftsvermittlung einführt. Wissenschaftler*innen schreiben aus guten Gründen fokussiert auf ihre Peers und damit in einer speziellen Sondersprache. Die Allgemeinheit darüber hinaus ist zwar willkommen, aus der Logik des Kommunikationssystems Wissenschaft aber bestenfalls zweitrangig relevanter Beifang. Will man das ändern, muss nicht nur das Publikationssystem transformieren.

Die Ziele einer Verschiebung und Neugestaltung der Reputations- und anderer Systeme des wissenschaftlichen Publizierens sind trotz aller Skepsis und Herausforderungen bei der Operationalisierung richtig gesetzt. Die Fortschritte werden aber vermutlich mehr über inkrementelle Transformationsschrittchen als über einen großen Wurf erreicht werden können. Dazu zählt auch, dass die Relation von Rezeptionspopularität und Zitationszahlen weiterhin bei der Wissenschaftsbewertung eine Rolle spielen wird. Jeder alternative Ansatz muss sich gegen die scheinbar Klarheit des Etablierten behaupten (vgl. dazu auch S. 45 im Positionspapier). Dass jedoch nicht unbedingt die besten, sondern die, im Rahmen der Wissenschaftslogik, spektakulärsten oder opportunsten Texte zitiert werden, ist ein Traditionsthema der Bibliometriekritik. Aber ebenso tradiert ist die Gegenfrage: Was wäre ein besserer Ansatz?

Tatsächlich werden Alternativen der Reputationszuschreibung und Wissenschaftsmessung seit Jahrzehnten gesucht. Da es aber nicht anders geht, pendeln sie nach wie vor zwischen den Polen (a) intellektuelle Begutachtung (Reviewing), die notwendig an den Faktoren Subjektivität und Publikationsmenge ihre Grenzen findet und (b) der konsequent quantitativen Bewertung. Für den Augenblick ist möglicherweise der vordringliche nächste Schritt, die Grenzen und blinden Flecken der metrischen Wissenschaftsbewertung aufzuzeigen. Mit Bibliothekswissenschaft, Informationswissenschaft und Wissenschaftsforschung gibt es dafür spezialisierte Forschungsdisziplinen, Inwiefern sie auch zu Recht die Steuerungs- und Stabilisierungsfunktion von vermeintlich objektiven Rankings als Werkzeug zur Absicherung bestimmter Aspekte der sozialen Struktur in akademischen Kulturen problematisieren, muss an anderer Stelle beleuchtet werden.

Was tun?

Es gibt also Stellschrauben. Das Papier beschreibt selbst eine ganze Reihe solcher Überlegungen. Ähnlich listet auch der Paris Call on Research Assessment vom Februar 2022 eine Reihe von wünschenswerten Verschiebungen für die Wissenschaftsbewertung hinsichtlich:

  • eine qualitätsbezogene Bewertung,
  • der Berücksichtigung wissenschaftsethischer Standards,
  • der Anerkennung vielfältiger Forschungs- und Publikationsformen und ihre gesellschaftliche Wirkung,
  • der Anwendung von Bewertungskritierien, die die Vielfalt von Forschungsformen berücksichtigt,
  • der besondere Wertschätzung von guter Forschungspraxis insbesondere offener Wissenschaft,
  • der Berücksichtigung kollaborativer, interdisziplinärer sowie gegebenenfalls auch bürgerwissenschaftlicher Aktvitäten,
  • der Förderung vielfältiger Forschungsprofile und Karierrewege

Aber auch hier bleibt die Frage der Übersetzung der Wünsche in Verfahren und Strukturen, die der Komplexität und den Zielen angemessen sind. Deutlich wird, dass sich etwas ändern muss. Deutlich ist aber auch, dass die Alternativen den Bedarf so auffangen, dass sie stärker wissenschaftsadäquat sind, als die etablierten metrischen Indikatoren. Und ähnlich wie bei Open Access bedeutet dies vermutlich, zunächst grundlegende Überzeugungsarbeit zu leisten.

Naheliegend wäre daher vorrangig tatsächlich eine breite Aufklärung zur Aussagekraft bibliometrischer und szientometrischer Verfahren. Die Szientometrie-Kritik existiert. Sie zeigt sich jedoch oft entweder als pauschale Ablehnung im Feuilleton oder als akademische Binnendebatte der eher kleinen Community, die Scientometrics als Kernzeitschrift liest.

Statt primär eine Toolentwicklung anzuregen, wären womöglich eine entsprechende Grundlagenforschung u.a. zu Alternativkonzepten einerseits und ein Programm zur Aufklärung von Wissenschaftspraxis und -administration förderrelevante Felder. Ein breiteres Basiswissen zu Biblio- und Szientometrie in den entsprechenden Bereichen würde auch zu einem Legitimationsdruck hinsichtlich der Anwendung bestimmter Kennzahlen führen. Wer dem JIF in einem Berufungsverfahren einbringt, sollte auch sagen können, wo die Grenzen dieses Faktors liegen.

Hin und wieder, so hört man, weicht man bereits bewusst davon ab und sucht direkt nach besonders innovationsgerichteten akademischen Lebensläufen. Ein grundlegend alternatives Standardverfahren scheint sich freilich bisher ebenso wenig herauszuschälen wie einer generelle Transformationsbereitschaft in der Leistungsmessung der Wissenschaft. Ähnlich wie bei Open Access braucht es - und zwar berechtigt - tatsächlich konsensfähige Best- oder wenigstens Good-Practice-Beispiele für das Funktionieren und den Erfolg neuer Verfahren. Das Positionspapier ist ein wichtiger Impuls. Der vorgeschlagene Schritt weg von Impact und Reputation hin zu Verständlichkeit und Zielgruppenpassung sowohl Inhalte als auch ihrer formalen Fassung ist ohne Zweifel attraktiv. Das Papier bleibt aber naturgemäß im Rahmen der Beschreibung eines Problems, das obendrein bereits recht gut beforscht ist. Die Auslagerung der Lösung in einen Appell an die

"Stakeholder [Wissenschaft in Gestalt ihrer Selbstverwaltungsorganisationen, Hochschulen und Forschungsorganisation, Fachgesellschaften und Dachverbände der Wissenschaft, öffentliche Geldgebern der Wissenschaft] für eine verantwortungsvolle Wissenschaftsbewertung zu sorgen und damit die wissenschaftsadäquate Entwicklung des Publikationswesens auch zukünftig zu gewährleisten." (S. 63)

ist für das Anschieben einer wirklichen Transformation jedoch vermutlich nicht ausreichend. Jedenfalls drängt sich diese Einschätzung auf, wenn man sich die Geschichte der zahlreichen Appelle für Open Access als Orientierung heranzieht und betrachtet, wie vergleichsweise mühsam die Transformation in der Umsetzung ablief und abläuft.

Eine weitere Erfahrung aus der praktischen Open Access-Vermittlung wäre zusätzlich die Herausforderung der Kompetenz und der konkreten Ressourcen. Wenn es nicht bei einer generellen Kritik bleiben soll, sondern auch eine Einbindung beispielsweise in Forschungsinformationssysteme geplant ist, muss dies auch mit entsprechenden Mitteln und vor allem qualifiziertem Personal unterlegt sein. Dieser Aspekt wird hier nachdrücklich herausgehoben, da wir in der Arbeit der Vernetzungs- und Kompetenzstelle oft eine Art abstrakte Erwartungshaltung an die Mitarbeitenden in den Infrastrukturen registrieren, die nicht unbedingt mit den Möglichkeiten sowohl in der Ausstattung als auch in der kontinuierlichen Weiterbildung harmoniert. Gerade angesichts der Dynamik der Transformation ist es zugleich nahezu unmöglich, die dafür optimalen Kompetenzen im Rahmen einer bibliothekarischen Grundausbildung zu vermitteln. Die Folge ist oft eine gefühlte oder tatsächliche Überforderung im Beruf und, wo es möglich ist, ein Rückgriff auf individuelles Erfahrungswissen. Das aber passt mitunter nicht zu den tatsächlichen Anforderungen. 

Wenn die Autor*innen des Positionspapiers die Wissenschaft und die wissenschaftliche Selbstverwaltung, also Hochschulen, Forschungsverbände und Fachgesellschaften in der Pflicht sehen, Unterstützung und Entlastung für die Publizierenden bei Transformation des Publikations- und, so muss man es ergänzen, Reputationssystems in der Wissenschaft zu leisten, ist auch zu berücksichtigen, wer dies konkret in Handlungsstrukturen übersetzt. Für Open Access zeigt sich: Open Access-Policys allein sind nicht genug. Publikationsfonds sind auch nicht genug. Man braucht Personal, Kompetenz und Expertise, um dies - Stichpunkt Wirksamkeit - auch operationalisierbar zu machen. Und man braucht Instanzen und Ressourcen, um das Personal dabei zu unterstützen.

Wenn das Papier also zu Recht anmerkt, dass die Wissenschaftler*innen Unterstützung bei der Entwicklung bzw. Nutzung von zu ihren Anforderungen passenden Publikationsformaten und -konzepten brauchen, dann gilt dies in gleicher Weise für die Mitarbeitenden, die diese Facette wissenschaftlicher Arbeit in den Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Bibliotheken übernehmen. Dies zeigt sich umso akuter, wenn Publizierende zu Recht erwarten, dass zum Beispiel die Bibliotheken als eine Art Zwischendienstleister das Publizieren aktiv unterstützen. 

Vermittlungs- und Kompetenzstellen

Daher sind Angebote wie open-access.network oder auch die Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg so zeitgemäß und wichtig. Sie bilden die Brücke zwischen dem Agenda-Setting der Transformation des wissenschaftlichen Publikationswesens und der für die erfolgreiche Umsetzung dieser Transformation notwendigen Expertise und Strukturen in den Einrichtungen. 

Das Positionspapier der DFG betont berechtigt eine Reihe wissenschaftsstruktureller Defizite, den generellen Handlungsbedarf und mögliche Lösungskonzepte. Es formuliert damit zugleich, wie viele ähnliche Publikationen, neue Anforderungen, die sehr stark Bibliotheken und Verwaltungen der Hochschulen und Forschungseinrichtungen betreffen, leider ohne diese Folgen weiterführend zu erörtern.

Natürlich sehen wir uns als Vernetzungs- und Kompetenzstelle in der Rolle, beide Ebenen, Programmatik und Praxis, im Blick zu behalten.  Wir werden diese Frage, also das Spannungsverhältnis zwischen neuen konzeptionellen Ideen und Vorgaben für alternative und offene Reputationssysteme und ihrer Durchsetzbarkeit in den vorhandenen bzw. realisierbaren Strukturen in den Einrichtungen bei einem unseren nächsten Open Access Smalltalks diskutieren. Interesst*innen aus allen Bundesländern sind herzlich eingeladen.

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Auteur Ben Kaden

Präsentationsgrafik mit den Covern ausgewählter geförderter Open Access-Bücher. Die Bücher sind als Kreis angeordnet. In der oberen linke Ecke ist das Signet der Vernetzungs- und Kompetenzstelle, in der unteren rechten das des MWFK

Open-Access-Förderung als Publikationsimpuls

Open Access und Bücher - das geht gut zusammen. Wie gut, zeigte die Veranstaltung zum einjährigen Bestehen des Brandenburger Publikationsfonds für Open-Access-Monografien am 18. Mai 2022. Denn glücklicherweise ist die Förderstruktur an einem Punkt in ihrer Entwicklung, an dem weniger über sie selbst gesprochen werden muss, sondern an dem ihre Resultate für sich sprechen. Ein Stapel Bücher liegt vor, tatsächlich - denn die meisten der geförderten Titel erscheinen parallel auch in einer Druckausgabe.

Mehr als beim klassischen Open-Access-Beispiel der Hochenergiephysik mit ihrer Preprint-Kultur haben viele der geförderten Publikationen einen Appeal, der über eine kleine und sehr spezialisierte Fachcommunity hinausgeht. So sind die im Titel “Bildung gestalten im Homeschooling” von Christin Tellisch, Daniela Schlütz, Michaela Stastkova und Alexander C. Lang zusammengefassten Erkenntnisse unter Pandemie-Bedingungen potentiell für mehrere 10.000 Schulen relevant und außerhalb von Pandemien für alle, die sich für hybride Schul- und Bildungsformen interessieren.

Neben diesem Werk wurden zwei weitere geförderte Bücher in der Veranstaltung besonders herausgehoben. Da wäre zunächst der 10. Band der Reihe “Interdisciplinary Polish Studies”, eine tiefgehende und lesenswerte Aufarbeitung des industriellen Wohnungsbaus in der DDR und der Volksrepublik Polen in den 1970er Jahren  von Magdalena Kamińska. “Platte ist nicht gleich Platte” lautet der Titel, der sowohl Historiker*innen als auch Freund*innen und Laienforschende der Plattenbaukultur und Ostmoderne gleichermaßen ansprechen dürfte.

Open-Access-Förderung als Transformationsimpuls

Das Schöne beim Open Access ist ja, wie auch bei der Veranstaltung von vielen Seiten betont, dass die Sichtbarkeit der Bücher nicht an disziplinären Grenzen Halt macht. Gero Lietz, leitender Redakteur der Reihe, verwies zudem darauf, dass dieses Buch den Auftakt für eine, wie er hofft, vollständige Öffnung der “Interdisciplinary Polish Studies”-Reihe darstellt. Der Publikationsfonds, so sein Wunsch, sollte dies weiterhin unterstützen. Sofern die Förderbedingungen erfüllt sind und die Mittel zur Verfügung stehen, dürfte dieser Wunsch problemlos in Erfüllung gehen. Den ebenfalls anwesenden Verleger, Stephan Specht vom Harrassowitz Verlag, wird dies ebenfalls freuen, strebt er doch an, die Reihe zur ersten seines Verlages zu entwickeln, die konsequent Open Access erscheint.

Förderinstrumente wie der Publikationsfonds transformieren also nicht nur abstrakt das wissenschaftliche Publizieren, sondern können durchaus auch ganz konkret Verlage motivieren, sich überhaupt erst auf neue Publikationsmodelle einzulassen. Das Zentrum für Interdisziplinäre Polenstudien der Europa-Universität Viadrina ist, wie das Publikum erfuhr, auch in anderer Hinsicht für die digitale Fachkommunikation aktiv: Es betreibt eine mehrsprachige Kommunikationsplattform namens Pol(enstudien)-Int(erdisziplinär), bei der bis zur Konsolidierung eigener Strukturen offenbar auch das hochaktuelle Feld der Ukrainian Studies Obdach findet.

Open Access-Förderung als Internationalisierungsimpuls

Jens Eder, Professor für Dramaturgie und Ästhetik an der Filmuniversität Konrad Wolf Babelsberg, wendet sich mit einem ganz anderen Thema, aber ähnlichem Ansatz an ein globales Publikum. Sein Standardwerk “Die Figur im Film” wird in englischer Übersetzung Open Access beim im Cambridge beheimateten Open-Access-Verlag Open Book Publishers erscheinen, was die internationale Rezeption gleich doppelt befördern wird. Das Buch zeigt, wie bei Open Access in optimaler Umsetzung alle Beteiligten nur gewinnen, und darin sind ausdrücklich das Land Brandenburg als Wissenschaftsstandort und die deutsche Filmwissenschaft als Fachcommunity mit einbezogen. Denn “Characters in Film”, so der Titel der Übersetzung, bezeugt nicht allein die Forschungsleistung Jens Eders an sich, sondern auch, dass diese an der Filmuniversität genau am richtigen Ort ist und von dort aus Akzente zu setzen versteht. Ein interessanter Nebenaspekt der Entscheidung für Open Access und Open Book Publishers kam zusätzlich zur Sprache: Andere internationale Verlage hätten das Buch ebenfalls gern publiziert, allerdings nur in einer verschlankten, in gewisser Weise marktkonformen Anpassung, was konkret eine Höchstgrenze von 300 Seiten bedeutet hätte. Dank der Förderung gab es eine Alternative und das Buch erscheint nun ohne Abstriche. Auch das ist Bibliodiversität.

Open-Access-Förderung als Zukunftsimpuls

Der Gesamteindruck der Veranstaltung war, dass Open Access sich nicht mehr legitimieren muss. Vielmehr sprechen wir jetzt darüber, wie wir Open Access bei wissenschaftlichen Büchern weiterentwickeln und optimal ausgestalten. Gerade in den eher geisteswissenschaftlichen Publikationskulturen ist das nicht selbstverständlich. Die beiden genannten Titel dürften dabei Vorbildcharakter haben.

Es gibt natürlich noch einiges zu tun. Von Magdalena Kamińska kam eine interessante Anregung zur Integration von Open-Access-Büchern in Bibliotheksbeständen und damit in bibliothekarischen Nachweisstrukturen. Katja Krause, Leiterin der Bibliothek der Filmuniversität, betonte die Herausforderung, dass es oft im Prinzip noch zwei Welten gibt - die der Discovery-Systeme, die eher globale auch lizenzierte und affiliierte Inhalte und damit Open-Access-Titel zugänglich machen. Und die der OPACs, die stärker in der Tradition des Bestandsmanagement stehen und daher Open-Access-Titel häufig nicht direkt nachweisen. Für Nutzende ist das oft nicht transparent, womit eine Hausaufgabe sowohl für die Bibliothekswissenschaft als auch die -praxis benannt sein dürfte. Die letzte Meile der Literaturvermittlung enthält eine Gabelung, die die Auffindbarkeit von Open-Access-Büchern mitunter erschwert.

Open-Access-Förderung als Teilhabeförderung

Das dürfte unter das Stichwort “Optimierung” fallen, ebenso wie die weitere Popularisierung von Open Access über ein Zusammenspiel von Infrastruktur, also i.d.R. Bibliotheken, und Wissenschaft, also Fachgesellschaften. Interessanterweise hat die Pandemie an dieser Stelle zu einer erheblichen Dynamisierung, vielleicht sogar zum nachhaltigen Kultur- und Einstellungswandel geführt. Wo Bibliotheken aus Gründen des Gesundheitsschutzes keine Präsenznutzung ermöglichen, gewinnt der digitale Zugang aus der Distanz noch einmal einen ganz anderen Stellenwert. Er ist nämlich de facto der Einzige. Remote arbeiten zu können wird als Anspruch bleiben und erweist sich nicht nur aus Gründen des Infektionsschutzes als sinnvoll. Für viele Arbeitsmodelle ist er die effektivere Variante. Er bringt zugleich neue Modelle hervor, die wiederum Teilhabemöglichkeiten ausbauen. Magdalena Kamińska verwies nachdrücklich auf die oft ausgeblendete Mehrfachbelastung gerade für viele Frauen und betonte:

“Open Access unterstützt gerade Frauen in der Wissenschaft, die eine Balance zwischen wissenschaftlicher Arbeit und Familienarbeit finden müssen. Die digitale und kostenfreie Zugänglichkeit ermöglicht es Wissenschaftlerinnen, unabhängig von Öffnungszeiten, Ausleihzyklen und Anschaffungskosten forschen zu können.”

Open-Access-Förderung als wissenschaftspolitisches Ausrufezeichen

Natürlich ist Open Access nicht gratis. Ohne Zuschuss wird der Harrassowitz Verlag derzeit vermutlich keinen Band der “Interdisciplinary Polish Studies” nach diesem Verfahren publizieren. Qualitätsgesicherte Publikationen brauchen, ob mit Wissenschafts- oder Hochschulverlag, eine Finanzierungsgrundlage. Deshalb ist es, so der Gesamteindruck dieser Veranstaltung, wichtig, dass es einen Publikationsfonds gibt, der sich an diesen Kosten zu bestimmten, bewusst auch als Steuerungsimpuls gedachten Konditionen beteiligt. Das Land Brandenburg leistet sich dieses nun auch empirisch nachgewiesen sehr wirkungsvolle Werkzeug und setzt damit auch wissenschaftspolitisch ein Ausrufezeichen. Wer mehr dazu erfahren möchte, ist sehr herzlich zu einer nächsten Informationsveranstaltung zum Fonds und zu den Förderbedingungen am 29. Juni 2022 eingeladen.

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Auteur Ben Kaden

Seit dem vergangenen Jahr stellt das Land Brandenburg einen Fonds zur Förderung wissenschaftlicher Open-Access-Bücher bereit. Und mittlerweile finden sich die ersten geförderten Titel eben nicht nur im Buchhandel sondern parallel auch ganz im Sinn der Sache als Open-Access-Ausgaben auf den entsprechenden Repositorien.

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Auteur Ben Kaden

Installationsansicht der Skulptur "Le héros invisible" des Künstlers Philip Metz aus dem Jahr 2014, die im Rahmen der Ausstellung „Deutscher Kolonialismus - Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart“ im Jahr 2016 neben dem Deutschen Historischen Museum in Berlin gezeigt wurde. Gezeigt wird einmal die Frontalansicht zwischen den Gebäuden des DHM sowie eine Nahsicht, die die Aufschrift "Zu Ehren der für das Deutsche Vaterland gefallenen Kameruner Soldaten" lesbar macht.

Openness in Kultureinrichtungen ist das Thema der Stunde. Das gilt nicht nur insgesamt in der Open GLAM-Community, sondern natürlich auch bei Kultureinrichtungen sowohl in Berlin als auch in Brandenburg. Daher nahmen wir als Vernetzungs- und Kompetenzstelle mit Freude Ende April 2022 das Angebot an, Perspektiven auf diesen Komplex im Rahmen eines Digitalworkshops unserer Kolleginnen vom Berliner Open-Access-Büro zu vertiefen. Mittlerweile gibt es einen schönen Bericht zur Veranstaltung: Berlin Open GLAM – Quo Vadis Landesinitiative?

Die genuin Berliner Themen (Stichwort: Landesinitiative Open Research Berlin) wollen wir an dieser Stelle beiseite lassen, auch wenn der Vergleich zwischen den Bundesländern und der Landesinitiativen immer sehr spannend ist. Da jedoch die Gelegenheit bestand, das Thema “Rechtsfragen von Open Access” besonders zu vertiefen, sollen die dort diskutierten Aspekte an dieser Stelle noch einmal zusammengefasst werden. Denn diese sind naturgemäß auch für die entsprechenden Communities in Brandenburg von Interesse.

Die ethische Seite der digitalen Objektbereitstellung

Zunächst standen die zentralen Herausforderungen insbesondere zur Wahl angemessener Creative-Commons-Lizenzen für digitalisierte Kulturobjekte im Fokus. Das allein bietet bekanntlich genug Stoff für unendliche rechtsphilosophische und rechtspraktische Erörterungen. Doch überraschend verschob sich das Gespräch in eine Richtung, die man aus bibliotheksbezogenen Open Access-Diskussionen weniger kennt, die für viele Museumssammlungen aber unverzichtbar ist. Gemeint ist eine, wenn man so will, ethische Dimension der Objektdigitalisierung. Neben dem formalisierten Rechtsrahmen wirken nämlich bei überlieferten Kulturgütern oft auch Anforderungen, die weniger formaljuristisch als wissenschaftsethisch zu adressieren wären. Selbst wenn also aus rechtlicher Sicht keine besonderen Einschränkungen vorliegen oder mehr noch, wenn man sich in einem Graubereich bewegt, können für bestimmte Digitalisierungsentscheidungen und -handlungen ethische Normen ähnlich relevant werden wie juristische. 

Ein Beispiel sind überlieferte, teils auch sakrale Objekte aus indigenen Herkunftszusammenhängen. Eine angemessene Kontextualisierung erweist sich häufig bereits in analogen Sammlungen und Ausstellungen als eine Herausforderung. Zurecht ist die Dekolonisierung mittlerweile ein Leitbaustein der konzeptionellen Entwicklung vieler Kultureinrichtungen. Die Objektdigitalisierung und mögliche Bereitstellung zur freien Nachnutzung verstärken nun Effekte einer Dekontextualisierung und dies möglicherweise mit dramatischen Folgen.

War das analoge Objekt zumindest räumlich fixiert und damit notwendig kontextualisiert, schaffen eine Bereitstellung und weitreichender Einräumung von Nutzungsrechten, beispielsweise CC-BY, die Möglichkeit, jeden Kontext zu verwischen oder auszublenden und beispielsweise genehmigungsfrei rein kommerzielle, appropriierend oder gar das Ursprungsobjekt entwürdigende Nutzungen vorzunehmen.

Während man für bestimmte Objekte in der Abwägung eine grundsätzliche Gelassenheit gegenüber auch nicht primär willkommenen Nachnutzungen im Namen einer konsequent offenen digitalen Kultur hinnehmen oder gar einfordern kann, gibt es bei anderen Objektkontexten Linien, die aus guten Gründen nicht überschritten werden sollten. Creative Commons-Lizenzen und auch andere Regelungsformen lassen hier bisher leider keine spezifische Differenzierung zu. Das ist ein zentraler und berechtigt kritisierter Nachteil allgemein ausgerichteter Lizenzen. Ein, wenn man so will, Kontextualisierungszwang als Addendum, der die ethischen Anforderungen formalisiert, wäre zumindest theoretisch vorstellbar. 

[caption id="attachment_2925" align="alignnone" width="1024"]Installationsansicht der Skulptur "Le héros invisible" des Künstlers Philip Metz aus dem Jahr 2014, die im Rahmen der Ausstellung „Deutscher Kolonialismus - Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart“ im Jahr 2016 neben dem Deutschen Historischen Museum in Berlin gezeigt wurde. Gezeigt wird einmal die Frontalansicht zwischen den Gebäuden des DHM sowie eine Nahsicht, die die Aufschrift "Zu Ehren der für das Deutsche Vaterland gefallenen Kameruner Soldaten" lesbar macht. Installationsansicht der Skulptur "Le héros invisible" des Künstlers Philip Metz aus dem Jahr 2014, die im Rahmen der Ausstellung „Deutscher Kolonialismus - Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart“ im Jahr 2016 neben dem Deutschen Historischen Museum in Berlin gezeigt wurde. (Foto: Ben Kaden, CC BY 2.0, Bildquelle)[/caption]
Kontext, aber wie? Als das Deutsche Historische Museum Berlin im Mai 2016 im Rahmen seiner Ausstellung „"Deutscher Kolonialismus - Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart“" eine skulpturale Erinnerung des Künstlers Philip Metz ("Le héros invisible", 2014) neben den Pei-Bau stellte, trug es auch eine dekoloniale Intervention in den öffentlichen Raum. Inwieweit sich damit die Dekolonisierungs-Intention des Werks ebenfalls direkt in die Öffentlichkeit übertrug und von den Passant*innen entsprechend gelesen werden konnte, ist nicht dokumentiert. Vermutlich war sie mal erfolgreich und mal nicht. Kunst muss sich nicht daran messen lassen. Platzierung und Aufstellungszeitraum ermöglichten auf jeden Fall eine einfache Kontextualisierung. Das digitale Foto des Objekts verrät dagegen ohne Beschreibung nur noch eingeweihten Personen, was es zeigt. (Foto: Ben Kaden, CC-BY 2.0)

Dokumentation als Lösung? 

Eine Option wäre eine sorgfältige Dokumentation. So ist als eine digitalisierungsethische Bedingung denkbar, beispielsweise die transparente Abbildung der Provenienzlinien der Objektgeschichte sowie der digitalen Objektifizierungsprozesse als Mindestanforderung festzuschreiben. Eine solche Aufschlüsselung wäre mit dem Digitalisat verknüpft vorzuhalten. Aus dem allgemeinen Forschungsdatenmanagement könnten die obligatorischen Forschungsdatenmanagementpläne als eine entsprechende Inspiration herangezogen werden. Dabei sollten digitale Objektdokumentationen auch Informationen dazu enthalten, auf welcher Grundlage zum Beispiel erschließende Schlagwörter zugeordnet werden oder Ontologien formuliert sind. Die objektspezifische Transparenz müsste also neben den das Objekt beschreibenden Angaben auch Angaben zu den Digitalisierungs-, Erschließungs- und Bereitstellungsinfrastrukturen und -workflows umfassen. Je länger man darüber nachdenkt, desto mehr Anforderungen kristallisieren sich heraus. Und eines ist deutlich: Eine ethisch und rechtlich sensible Open-Access-Bereitstellung von Kulturobjekten dürfte mitunter sehr komplex werden. Und braucht in den meisten Fällen eine gezielte professionelle Begleitung.

Digitalisierungstabus(?) und CARE

Nicht weniger komplex, aber noch anders gelagert, zeigt sich das Problem der Digitalisierung und des Open Access für Objekte, deren Präsentation mit bestimmten sakralen Konventionen, eventuell sogar mit Tabus verbunden sind. So kommt es durchaus vor, dass Gegenstände in ihrem kulturellen Ursprungszusammenhang nur von bestimmten Seiten gezeigt und betrachtet werden dürfen. Eine komplette 3-D-Digitalisierung wäre zwangsläufig eine Missachtung dieser Tabus und müsste gesondert begründet werden. Damit befände man sich in einer elementaren wissenschaftsethischen Auseinandersetzung über die Grenzen wissenschaftlicher Arbeit und die Frage, inwieweit gerade westliche und post-koloniale Wissenspraxen auf die kulturellen Anforderungen und Besonderheiten der entsprechenden Kulturen Rücksicht nehmen und im Zweifel einen Forschungsverzicht akzeptieren müssen. Die sogenannten CARE Principles for Indigenous Data Governance stellen eine entsprechende Ergänzung zu den FAIR Guiding Principles for scientific data management and stewardship. dar. Ob sie in allen Anwendungskontexten wirklich zu Lösungen führen können, bleibt jedoch offen.

Im Zweifel: Einzelfallabwägung. Und Dialog

Gerade der Blick ins Detail zeigt, dass es meist keine einfachen Antworten und sehr Einzelfallkonstellationen gibt. Die Anerkennung kultureller Spezifität steht genaugenommen grundsätzlich einer Schematisierung und Verallgemeinerung auch von Entscheidungsprinzipien entgegen. Im Zweifel bleibt daher nur die individuelle Bewertung des jeweiligen Kontextes und Objektes sowie eine entsprechende Abschätzung möglicher Folgen einer Bereitstellung. Das ist zugegeben sehr aufwendig und steht dem Wunsch nach einer möglichst schnellen und breiten Sammlungsdigitalisierung naturgemäß entgegen. Dennoch führt aus offensichtlichen Gründen kein Weg daran vorbei.

Bei lebenden Kulturen kann man in Übereinstimmung mit CARE partizipativ und dialogisch Lösungen erarbeiten und kollaborativ in eine epistemische Dekolonisierung eintreten. Bei Kulturen, die nur noch in den Überlieferungen sichtbar werden, stellt sich die Frage ungleich stärker. Dies wird weiter verschärft, wenn ihre heutige Sichtbarkeit teilweise de facto allein durch eine Auseinandersetzungs- und Präsentationspraxis erzeugt werden kann, die konträr zu den kulturellen Regeln und Wertvorstellungen der Ursprungskultur steht. Das Dilemma ist deutlich und die Anforderungen an eine Auseinandersetzungssensibilität sind besonders hoch.

Personenbezogene Spuren

Eine weitere wissenschafts- und digitalisierungsethisch relevante Perspektive eröffnet sich immer dort, wo Dokumente personenbezogene Daten und Kontextualisierungen sichtbar werden lassen. Besonders drastisch ist dies, so ein Beispiel aus der Diskussion, bei nachvollziehbaren Genealogielinien zu heute lebenden Menschen. Durch die Bereitstellung und das Mapping von Korpora eröffnen sich möglicherweise nicht intendierte Zusammenhänge. Die Verknüpfung von Daten und die maschinelle Analyse gibt eventuell mehr preis als die Lektüre der einzelnen Zeugnisse und damit auch mehr, als möglicherweise gut ist.

Aber auch für personenbezogene Überlieferungsspuren, die dem Bauchgefühl nach eher als unkritisch anzusehen wären, stellt sich die Frage, inwieweit Elemente konkreter Biografien ohne ausdrückliche Zustimmung nicht nur abstrakt für ein konkretes Forschungssetting benutzt sondern auch unter entsprechenden freien Lizenzen für eine Nachnutzung bereitgestellt werden sollten. Wer seine Lebensspuren problemlos einer kulturanthropologischen Studie überlässt, mag damit nicht automatisch wohlwollend vorhergesehen haben, dass Jahrzehnte später eine Künstliche Intelligenz auf eben diese trainiert.

Sowohl Recht als auch Ethik

Die CARE-Prinzipien sind für solche Fälle mit ihrer speziellen Ausrichtung nur eingeschränkt ein passender Bezugspunkt. Sie eröffnen aber eine wichtige Problematisierung. Open Access muss in den Blick nehmen, wie eine tiefergehende Auseinandersetzung mit den ethischen Fragen der Objektdigitalisierung und des freien Zugriffs einen Grundbaustein für jede nachhaltige Open GLAM- und verwandte Strategieentwicklung darstellt. Zugleich offenbart sich der Bedarf für einen stabilen Anlaufpunkt, möglicherweise in Form einer Clearingstelle nicht nur für Rechtsfragen, sondern auch für die ethische Objektdigitalisierung und -verfügbarmachung. Diese müsste GLAM-Einrichtungen also neben juristischer Fachexpertise auch Expertise in den Bereichen Dekolonisierung und Wissenschaftsethik bieten. Parallel entsteht, wie sich aus der Diskussion im Plenum ergab, die Notwendigkeit einer entsprechenden Schulung und Sensibilisierung vorhandener juristischer Zuständigkeiten in den Häusern. Möglicherweise braucht es also zukünftig neben Hausjurist*innen eher früher als später auch hauptberufliche Hausethiker*innen.